06. Oktober 2020

Wann qualifizieren Virtual Assets als Finanzinstrumente im Sinne des FIDLEG?

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Mit dem Aufkommen sogenannter Virtual Assets stellt sich vermehrt die Frage, wie solche Vermögenswerte und der Umgang mit diesen regulatorisch zu qualifizieren ist. Diese Diskussion ist insbesondere aktuell mit Blick auf das am 01. Januar 2020 in Kraft getretene FIDLEG.

Mit dem Aufkommen sogenannter Virtual Assets (nachfolgend auch „Token“) stellt sich vermehrt die Frage, wie solche Vermögenswerte und der Umgang mit diesen regulatorisch zu qualifizieren ist. Diese Diskussion ist insbesondere aktuell mit Blick auf das am 1. Januar 2020 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Finanzdienstleistungen («FIDLEG»), dessen Anwendungsbereich eng mit der Qualifikation des Begriffes der Finanzinstrumente verbunden ist.

Der technologieneutrale Gesetzgebungsansatz, welcher von der Schweiz insbesondere auch im Bereich des Finanzmarkts verfolgt wird, stärkt den hiesigen Finanzplatz im internationalen Standortwettbewerb. An diesem Leitprinzip wurde auch bei der Ausarbeitung des FIDLEG festgehalten. Das Gesetz legt die Verhaltensgrundsätze bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen fest, wobei sich die Frage stellt, in welchem Umfang dieses auch für DLT- und Blockchain-Projekte gilt und inwiefern die damit verbundenen Virtual Assets als Finanzinstrumente qualifizieren.

Grundlage des Begriffes der Finanzinstrumente ist Art. 3 lit. a FIDLEG. Die meisten der in Art. 3 lit. a FIDLEG genannten Erscheinungsformen von Finanzinstrumenten sind dabei Effekten oder andere Vermögenswerte, welche (Vermögens-) Rechte vermitteln. Es bietet sich daher an in einem ersten Schritt zu fragen, unter welchen Umständen ein Token unter Schweizer Recht als Effekte qualifiziert.

Wann qualifizieren Tokens als Effekten? Als Ausgangslage zur Qualifikation von Tokens kann die von der FINMA publizierte Wegleitung vom 16. Februar 2018 («FINMA Wegleitung») für Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings («ICO») herangezogen werden. Darin unterscheidet die FINMA zwischen Token mit Zahlungsfunktion, Token mit Nutzungsfunktion sowie Token mit Anlagefunktion, wobei auch Mischformen möglich sind (sogenannte Hybrid-Tokens).

Mit der genannten FINMA Wegleitung hält die Aufsichtsbehörde die Voraussetzungen fest, unter welchen Token bzw. damit zusammenhängende Rechtsverhältnisse, als Effekten i.S.v. Art. 2 lit. b des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel («FinfraG») gelten sollen. Grundsätzlich gelten Wertpapiere, Wertrechte, Derivate und Bucheffekten, die vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind, als Effekten i.S.v. Art. 2 lit. b FinfraG. Als vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind Effekten dann, wenn sie in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kundinnen und Kunden platziert werden, sofern sie nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen werden (Art. 2 Abs. 1 FinfraV).

Token Qualifikation der FINMA: In Bezug auf die regulatorische Qualifikation der Virtual Assets kommt die FINMA dabei zu folgendem Schluss:

  • Betreffend Zahlungs-Token sieht die FINMA aufgrund der wirtschaftlichen Funktion als Zahlungsmittel eine Unterstellung unter die einschlägigen Bestimmungen der Geldwäschereigesetzgebung vor. Entsprechend werden solche Tokens von der FINMA nicht als Effekten behandelt.
  • Nutzungs-Token werden von der FINMA dann als Effekten i.S.d. Art. 2 lit. b FinfraG qualifiziert, wenn sie zum Zeitpunkt der Ausgabe die vom Herausgeber angekündigte Funktionalität noch nicht aufweisen und kumulativ die übrigen Voraussetzungen von Art. 2 lit. b FinfraG erfüllt sind (siehe dazu oben). Ansonsten handelt es sich auch bei den Nutzungs-Token nicht um Effekten i.S.d. FinfraG.
  • Betreffend Anlage-Token geht die FINMA grundsätzlich von einer Form von Wertrechten aus, deren Wertrechtebuch auf der Blockchain geführt wird. Sofern diese alsdann die Voraussetzungen gemäss Art. 2 lit. b FinfraG erfüllen, qualifizieren sie als Effekten mit den damit einhergehenden finanzmarktrechtlichen Konsequenzen (z.B. Prospektpflicht nach FIDLEG). Dasselbe gilt für Token, welche als Derivate qualifizieren können.

Keine Aussage enthält die bereits etwas ältere FINMA Wegleitung jedoch zur möglichen Qualifikation von Token als Finanzinstrumente i.S.d. FIDLEG.

Wann qualifizieren Token als Finanzinstrumente?

Anlage-Token: Da Effekten grundsätzlich auch Finanzinstrumente i.S.v. Art. 3 lit. a FIDLEG sind, besteht folglich bei Anlage-Tokens eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese als Finanzinstrumente i.S.d. FIDLEG qualifizieren.

Nutzungs-Token: Dasselbe gilt für Nutzungs-Token, sofern diese nicht nur den Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermitteln sollen und/oder präfunktional ausgegeben worden sind.

Zahlungs-Token: In Bezug auf Zahlungs-Token hält bereits der Bericht des Bundesrates vom 14. Dezember 2018 unmissverständlich fest, dass diese nicht als Effekten und damit grundsätzlich auch nicht als Finanzinstrumente i.S.d. FIDLEG qualifizieren.

Ausnahmsweise können jedoch Zahlungs-Token zu einer Qualifikation als Finanzinstrumente i.S.v. Art. 3 lit. a FIDLEG führen, wenn diese als Einlagen mit einem risiko- oder kursabhängigen Rückzahlungswert oder Zins konzipiert sind. Ein bekanntes Beispiel für solche Einlagen sind Edelmetallkonten.

Nicht zu dieser Art von Einlage zählen gemäss Art. 3 lit. a FIDLEG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 FIDLEV:

  • Einlagen, deren Zins direkt an Zinssatzindices wie etwa den Libor oder Euribor gebunden sind;
  • Konten mit einem festen Zins oder einem Zinssatz, welcher durch die Bank gestützt auf die allgemeine Lage auf dem Geld- und Kapitalmarkt periodisch angepasst wird; sowie
  • Forderungen aus einem Konto- oder Depotvertrag auf Auszahlung oder physische Lieferung namentlich von Fremdwährungen, Festgeldern oder Edelmetallen.

Ebenfalls nicht erfasst werden alle Konstellationen, bei welchen keine Einlage im Sinne des Bankgesetzes besteht (technische Verwahrdienstleistungen, „on-chain“ segregierte Wallets etc.).

Schlussfolgerung: Sowohl beim FIDLEG wie auch bei der Regulierung von Kryptowährungen handelt es sich um junge Gebiete ohne gefestigte Praxis, weshalb jeder Einzelfall mit einem Bezug zu Anlage-Tokens, präfunktionalen Nutzungs-Tokens und einer Einlage in Zahlungs-Tokens auch mit Blick auf eine allfällige Qualifikation als Finanzinstrument genau analysiert werden sollte.

Bei Fragen zur Qualifikation von Tokens/Virtual Assets und den damit zusammenhängenden aufsichtsrechtlichen Konsequenzen, steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung.

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