28. Juni 2022

Anwendbarkeit von Section 1782 auf ausländische Schiedsgerichte

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Der U.S. Supreme Court entscheidet über die Anwendbarkeit von Section 1782 auf ausländische Schiedsgerichte.

Am 13. Juni 2022 hat der U.S. Supreme Court einstimmig entschieden, dass das Federal Statute 28 des United States Code, Section 1782 (im Folgenden «Section 1782») nicht auf ausländische Schiedsgerichte anwendbar ist.

Section 1782 ermächtigt amerikanische «District Courts» (Bezirksgerichte) bei der Aufnahme von Beweisen, welche sich in den USA befinden und zur Verwendung vor ausländischen oder internationalen Gerichten notwendig sind, zu unterstützen. Gemäss Section 1782 kann ein «District Court» anordnen, dass ein Zeuge in einem Verfahren vor einem ausländischen Gericht auszusagen hat oder Beweise vorzulegen sind. Parteien in internationalen Schiedsverfahren haben Section 1782 bis anhin regelmässig genutzt, um in den USA eine umfassende Offenlegung von Dokumenten im «US-Stil» (Discovery) zu erreichen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt fehlte jedoch ein höchstrichterlicher Entscheid darüber, ob Section 1782 auch ausländische Schiedsgerichte erfasst. Mit dem Entscheid des U.S. Supreme Court wurde diese Frage nun geklärt.

Der Supreme Court musste aufgrund von zwei Schiedsgerichtsverfahren, bei welchen die Frage der Anwendbarkeit von Section 1782 umstritten war, entscheiden, ob sich Section 1782 auch auf ausländische Schiedsgerichte erstreckt. Es handelte sich dabei einerseits um ein Schiedsgerichtsverfahren, welches bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit geführt wurde und andererseits um ein ad hoc Verfahren gestützt auf ein russisch-litauisches bilaterales Investitionsabkommen.

Der U.S. Supreme Court entschied, dass in beiden Fällen das jeweilige Schiedsgericht nicht als ausländisches oder internationales Gericht im Sinne von Section 1782 zu qualifizieren sei. Der Supreme Court führte dazu aus, dass Section 1782 nicht auf private Rechtsprechungsorgane anwendbar sei, sondern als ausländische oder internationale Gerichte nur staatliche Gerichte zu qualifizieren sind, welche auch über Staatsgewalt («governmental authority») verfügen. Der Supreme Court qualifizierte beide Schiedsgerichte als private Rechtsprechungsorgane ohne die notwendige Staatsgewalt.

Der Supreme Court weist jedoch insbesondere in Zusammenhang mit dem ad hoc Verfahren basierend auf dem russisch-litauischen Investitionsabkommen darauf hin, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass ein Staat ein Schiedsgericht mit Staatsgewalt ausstatten könnte und das Schiedsgericht dann von Section 1782 erfasst wäre. Offen bleibt zudem, ob eine Anwendung von Section 1782 allenfalls über einen Umweg an die staatlichen Gerichte am Schiedsgerichtssitz in Schiedsgerichtsverfahren ermöglicht werden könnte (in der Schweiz gemäss Art. 184 Abs. 2 IPRG).