Arbeitnehmer planen ihre Ferien oftmals frühzeitig und versuchen unter Verwendung von Feier- und Brückentagen das Maximum aus ihrem jährlichen Feriensaldo herauszuholen. Vielen Arbeitnehmern, aber auch Arbeitgebern, ist jedoch nicht bewusst, dass unter gewissen Voraussetzungen auch eine Kürzung des Feriensaldos möglich ist.
Das Gesetz gesteht jedem Arbeitnehmer mindestens 4 Wochen Ferien pro Dienstjahr zu (Art. 329a OR). Nicht selten gewähren Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern auch fünf oder mehr Wochen Ferien im Dienstjahr. Dabei wächst der Ferienanspruch im Verhältnis zur geleisteten Arbeit an. Bei vier Wochen Ferien wächst der Ferienanspruch um 1,67 Tage pro Monat. Bei fünf Wochen Ferien wächst der Ferienanspruch um 2,08 Tage und bei sechs Wochen Ferien entsprechend um 2,5 Tage pro Monat.
Das Schweizer Arbeitsrecht geht indes vom Grundsatz «ohne Arbeit keine Ferien» aus, weshalb der Ferienanspruch grundsätzlich nicht anwächst, wenn keine Arbeit erfolgt. Dieser Grundsatz gilt aber nicht absolut und das Gesetz kennt gewisse Einschränkungen. So weicht das Gesetz insbesondere in Art. 329b OR vom genannten Grundsatz ab und schränkt die Ferienkürzung ein.
Damit von einer verschuldeten Arbeitsverhinderung gesprochen werden kann, muss es sich um ein offensichtliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers handeln respektive muss ein schweres Verschulden vorliegen. Ein leichtes Verschulden reicht hierzu nicht aus. Im Streitfall trägt jedoch der Arbeitnehmer die Beweislast dafür, dass er die von ihm erwartete Sorgfalt an den Tag gelegt hat.
b) Unverschuldete Arbeitsverhinderung (Art. 329b Abs. 2 OR)Bei einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung gewährt das Gesetz dem Arbeitnehmer eine absolute Karenzfrist (Schonfrist) für den ersten vollen Abwesenheitsmonat. Eine Ferienkürzung von einem Zwölftel ist somit erst ab dem zweiten vollen Abwesenheitsmonat zulässig. Anschliessend kann für jeden weiteren vollen Abwesenheitsmonat eine Kürzung um einen Zwölftel vorgenommen werden. Ist ein Arbeitnehmer beispielsweise während insgesamt 1,5 Monaten unverschuldet von der Arbeit verhindert, dürfen die Ferien nicht gekürzt werden. Ist der Arbeitnehmer 2,5 Monate unverschuldet krank, darf um einen Zwölftel gekürzt werden.
c) Schwangerschaft (Art. 329b Abs. 3 OR)Für die Ferienkürzung nach Art. 329b OR wird auf volle Monate der Abwesenheit abgestellt. Dabei sind nicht die konkreten Kalendermonate von Relevanz, sondern es werden Arbeitsmonate berücksichtigt, da eine Ferienkürzung eine Arbeitsverhinderung voraussetzt, welche nur an Arbeitstagen möglich ist. Weil nicht jeder Arbeitsmonat gleich viele Tage hat, wird aus Praktikabilitätsgründen für die Berechnung auf einen Durchschnittsmonat abgestellt, welchem 21,75 Tage zugerechnet werden. Beträgt die Arbeitsverhinderung somit 21,75 Tage, liegt ein voller Abwesenheitsmonat vor.
Das Gesetz spricht in Art. 329b OR ausdrücklich davon, dass bezüglich der Berechnung von Ferienkürzungen auf das Dienstjahr, und nicht auf das Kalenderjahr, abzustellen ist. So beginnt in jedem neuen Dienstjahr die Karenzfrist von neuem zu laufen. In der Praxis bedeutet dies, dass für jeden Arbeitnehmer am Jahrestag seines Stellenantritts eine neue, individuelle Karenzfrist zu laufen beginnt. Der Einfachheit halber stellen deshalb viele Arbeitgeber auf das Kalenderjahr ab, was zur Gültigkeit jedoch in den Arbeitsverträgen respektive in einem Personalreglement vermerkt werden muss.
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