Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist der Grundpfeiler des schweizerischen Sozialversicherungssystems. Wer in der Schweiz arbeitet und lebt, ist grundsätzlich obligatorisch über die AHV sozialversichert. Doch was passiert mit dem Versicherungsschutz, wenn der Wohnsitz ins Ausland verlegt wird? Für Betroffene bestehen je nach Situation mehrere Möglichkeiten, den Schutz ganz oder zumindest teilweise aufrechtzuerhalten und Beitragslücken zu vermeiden. In diesem Magazinbeitrag zeigen wir Ihnen die wichtigsten Optionen auf.
Es existieren zahlreiche bilaterale und multilaterale Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und anderen Staaten, insbesondere mit EU/EFTA-Staaten. Diese Sozialversicherungsabkommen regeln die Sozialversicherungsunterstellung zwischen den Vertragsstaaten und sollen so insbesondere eine Doppelbelastung von Personen verhindern, die in mehreren Staaten erwerbstätig sind oder in einem Staat ihren Wohnsitz haben und in einem anderen Staat arbeiten. Die Sozialversicherungsabkommen enthalten in der Regel sogenannte Entsendebestimmungen. Unter Anwendung dieser Bestimmungen können Arbeitnehmende aus dem einen Vertragsstaat vorübergehend von ihrem Arbeitgeber im anderen Vertragsstaat eingesetzt werden. Bei einer Entsendung bleibt ein Arbeitnehmer in seinem Herkunftsland versichert und beitragspflichtig, sofern die Voraussetzungen gemäss dem jeweils anwendbaren Sozialversicherungsabkommen erfüllt sind. Die Entsendung kann nicht auf unbestimmte Dauer erfolgen, sondern ist grundsätzlich auf zwei Jahre beschränkt und kann danach in der Regel auf bis zu sechs Jahre verlängert werden. Damit der entsandte Arbeitnehmer seine Versicherungsunterstellung im Herkunftsland (hier: Schweiz) nachweisen kann, stellt ihm die zuständige Ausgleichskasse eine Entsendebescheinigung aus. Sind die EU/EFTA-Sozialversicherungsabkommen anwendbar, wird eine sogenannte A1-Entsendebescheinigung ausgestellt. In allen anderen Fällen heisst das Dokument «Certificate of Coverage (COC)». Für weitere Informationen zur A1-Entsendebescheinigung verweisen wir gerne auf unseren früheren Magazinbeitrag: A1-Bescheinigung - Wichtig für grenzüberschreitende Tätigkeiten.
Bei der Anwendung des jeweiligen Sozialversicherungsabkommens muss der persönliche, sachliche und örtliche Anwendungsbereich stets gut abklärt werden. Beispielsweise gilt das Abkommen mit der EU nur für Schweizer und EU-Staatsbürger. Ein Brasilianer, der in der Schweiz Wohnsitz hat, aber in Deutschland arbeitet, kann sich nicht auf das EU-Abkommen berufen. Demgegenüber kann unter den meisten bilateralen Abkommen auch ein Drittstaatsangehöriger entsendet werden.
Eine Übersicht über die Länder, mit welchen die Schweiz ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, finden Sie hier: Übersicht Sozialversicherungsabkommen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend für ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz im Ausland tätig sind, mit denen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat (siehe Ziffer 1), können unter bestimmten Bedingungen weiterhin der Schweizer Sozialversicherung (AHV/IV/EO und ALV) unterstellt bleiben. Die Bestimmungen über die Weiterführung der Versicherung nach Art. 1a Abs. 3 AHVG und somit die nachfolgenden Voraussetzungen gelten nur für Einsätze ausserhalb des EU-/EFTA-Raums und für Länder ohne Sozialversicherungsabkommen mit der Schweiz.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein für die Weiterführung:
Ein weiteres Szenario betrifft Ehegatten, die nicht erwerbstätig sind und ihren in der Schweiz weiterhin sozialversicherten Ehepartner ins Ausland begleiten. Für diese Kategorie besteht die Möglichkeit, der Schweizer Sozialversicherung beizutreten und Beitragspflichten weiterhin zu erfüllen.
Folgende Voraussetzungen müssen für den Beitritt zur Versicherung erfüllt sein:
Das Gesuch wird bei der zuständigen Ausgleichskasse des beschäftigten Ehegatten eingereicht. Die Weiterführung der Versicherung für mitausreisende, nicht erwerbstätige Ehegatten sichert auch diesen Personen eine spätere Rentenberechtigung. Der Beitritt des nichterwerbstätigen Ehegatten bedeutet aber nicht, dass dieser selbst auch Beiträge entrichten muss. Leistet der erwerbstätige Ehegatte mindestens den doppelten Mindestbeitrag an AHV-Beiträgen, ist der nicht erwerbstätige Ehegatte von der Beitragspflicht befreit.
Schweizer Bürgerinnen und Bürger – sowie EU- oder EFTA-Staatsangehörige – die ihren Wohnsitz ausserhalb des EU/EFTA-Raums verlegen, haben die Möglichkeit, der freiwilligen AHV/IV beizutreten.
Folgende Voraussetzungen müssen für den Beitritt zur AHV-Versicherung erfüllt sein:
Der Beitritt erfolgt direkt über die schweizerische Ausgleichskasse SAK in Genf. Mit dem erfolgreichen Beitritt bleiben die Personen beitragspflichtig in der Schweiz und setzen sich bewusst einer Doppelbelastung aus, um Rentenansprüche in der Schweiz aufrechtzuerhalten und Beitragslücken zu vermeiden. Die freiwillige Versicherung bezieht sich nur auf die AHV und IV, nicht aber auf die EO (Erwerbsersatzordnung) und ALV (Arbeitslosenversicherung).
Die Weiterführung, der Beitritt oder der freiwillige Abschluss der Schweizer Sozialversicherung dient als Vorsorgemassnahme gegen spätere Rentenlücken. Es ist jedoch nicht jede Option für jede Person oder jedes Reiseziel geeignet und es muss vorgängig sorgfältig abgeklärt werden, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und welche (finanziellen) Konsequenzen eine Weiterführung, ein Beitritt oder ein freiwilliger Abschluss mit sich bringt.
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