07. Dezember 2021

Revision des Medizinprodukterechts: EUDAMED / Implantationsausweis / UDI-Nummer

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Mit der Revision des Medizinprodukterechts in der EU und in der Schweiz sollen die Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte sowie die Patientensicherheit verbessert werden. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen.

Mit der Revision des Medizinprodukterechts in der EU und in der Schweiz sollen die Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte sowie die Patientensicherheit verbessert werden. Zur eindeutigen Identifizierung müssen alle Produkte mit einer sog. UDI-Nummer (Unique Device Identification) bezeichnet werden. Zudem müssen in der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) verschiedene Angaben hinterlegt werden. Patienten erhalten zudem neu einen Implantationsausweis. Allerdings bleibt die Schweiz zunächst ausgeschlossen von der gemeinsamen Marktüberwachung mit der EU, da das MRA (Mutual Recognition Agreement) nicht verlängert worden ist. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Punkte.

UDI-Nummer

Die UDI-Nummer soll eine lückenlose Rückverfolgung gewährleisten. Hersteller sind verpflichtet, jedem Medizinprodukt und jeder höheren Verpackungsebene vor dem Inverkehrbringen einen eindeutigen Produktidentifikator zuzuteilen. Davon ausgenommen sind Sonderanfertigungen (vgl. Art. 17 Abs. 1 MepV). Die UDI-Nummer ist produktbezogen und muss entweder auf der Kennzeichnung des Produkts selbst oder falls dies nicht möglich ist, auf der Verpackung angebracht werden (vgl. Art. 17 Abs. 2 MepV). Die Hersteller müssen zudem eine aktuelle Liste mit sämtlichen UDI-Nummern ihrer Produkte führen und bereithalten (vgl. Art. 17 Abs. 3 MepV).

Die UDI-Nummer soll eine lückenlose Rückverfolgung gewährleisten.

EUDAMED

Sämtliche medizinische Produkte werden in der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) hinterlegt. Bestimmte Wirtschaftsakteure, wie insbesondere Hersteller, Importeure und deren Bevollmächtigte haben sich im Rahmen ihrer Verantwortung für die Produkte zu registrieren. Die Registrierung muss erfolgen, bevor das Produkt in Verkehr gebracht wird (sofern nicht bereits eine Registration besteht). Bereits nach bisherigem Recht galt für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten eine Meldepflicht (vgl. Art. 6 aMepV). In Zukunft sind die Registrierungen und Aktualisierungen der Hersteller, Importeure und Bevollmächtigten in EUDAMED vorzunehmen (Art. 17 Abs. 5 und Art. 55 MepV). Bis zur vollen Funktionsfähigkeit von EUDAMED bleiben die Meldepflichten nach Art. 6 aMepV allerdings bestehen.

Die in EUDAMED hinterlegten Angaben müssen teilweise den Patientinnen und Patienten sowie der Öffentlichkeit in einer verständlichen Form zugänglich gemacht werden. In Art. 90 MepV werden verschiedene Informationen aufgelistet, welche via EUDAMED auch der Öffentlichkeit in der Schweiz zur Verfügung stehen sollen. Die Personendaten in EUDAMED werden nur so lange gespeichert, wie die betroffenen Personen zur Marktüberwachung der jeweiligen Medizinprodukte identifizierbar sein müssen.

Implantationsausweis

Für implantierbare Medizinprodukte muss der Hersteller neu – neben der Kennzeichnung und der Gebrauchsanweisung gemäss Art. 16 MepV – die Angaben und Informationen nach Art. 18 Abs. 1 der EU-MDR* einschliesslich des Implantationsausweises zur Verfügung stellen (vgl. Art. 20 MepV). Davon ausgenommen sind die in Art. 18 Abs. 3 EU-MDR aufgeführten Produktekategorien. Die Liste der ausgenommenen Produktekategorien kann von der EU-Kommission mittels delegierter Rechtsakte angepasst werden (Art. 20 Abs. 1 MepV).

*Dazu gehören etwa:

  • Angaben zur Identifizierung des Produkts z.B. Produktenamen oder Seriennummer
  • Warnungen oder zu ergreifend Vorkehrungen und Vorsichtsmassnahmen im Hinblick auf Wechselwirkungen mit äusseren Einwirkungen
  • Angaben zur voraussichtlichen Lebensdauer

Der Implantationsausweis (auch als Implantatausweis oder Implantatpass bezeichnet) wird von Gesundheitseinrichtungen ausgestellt, welche Patienten medizinische Implantate einsetzen. Dabei handelt es sich um ein sensibles und wichtiges Dokument für Anwender sowie Patientinnen und Patienten. Der Implantationsausweis ist zusätzlich zur Produktinformation vom Hersteller zur Verfügung zu stellen und wird mit dem Produkt mitgeliefert. Die Gesundheitseinrichtungen gewährleisten, dass die Patientinnen und Patienten in den unmittelbaren Besitz der ihr Implantat betreffenden Informationen gelangen und sich darüber informieren können (vgl. Art. 20 Abs. 3 MepV). Dadurch sollen die wichtigsten Angaben, wie z.B. Produktname, Seriennummer, Losnummer, UDI-Nummer, Produktmodell und Herstellername direkt verfügbar sein. Der Implantationsausweis muss in den drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch abgegeben werden (vgl. Art. 20 Abs. 2 MepV).

Sonderfall Schweiz

Die revidierte Medizinprodukteregulierung ist sowohl in der EU als auch in der Schweiz am 26. Mai 2021 in Kraft getreten, inkl. Änderungserlass zur MepV vom 19. Mai 2021. Doch die gemeinsame Überwachung (auch) des Medizinproduktemarktes wurde ausgesetzt, nachdem die Verlängerung des MRA im Mai 2021 gescheitert ist. Die Schweiz gilt im Hinblick auf dieses Übereinkommen derzeit vielmehr als sog. MDR-Drittstaat (Medical Devices Regulation) und profitiert nicht mehr von der einheitlichen Marktüberwachung zusammen mit den EU-Staaten.

Aus diesem Grund haben die Behörden und die Bürger in der Schweiz bis auf Weiteres keinen Zugriff auf EUDAMED. Ausserdem erfolgt die Registrierung der Medizinprodukte in der Schweiz weiterhin via UDI-Nummer, und die schweizerischen Wirtschaftsakteure registrieren sich weiterhin bei Swissmedic. Diese Entwicklung bedeutet, dass die Schweizer Medizintechnikindustrie ihren bisher barrierefreien Zugang zum EU-Binnenmarkt verliert.

Der Administrationsaufwand zur Erfüllung der Drittstaat-Anforderungen kostet die Schweizer Medizintechnikindustrie laut Schätzungen des Branchenverbandes «Swiss MedTech» zu Beginn 114 Mio. CHF und danach jährlich wiederkehrend 75 Mio. CHF. Diese Kosten entsprechen 2 Prozent bzw. 1,4 Prozent des Exportvolumens (CHF 5.2 Mrd.) von der Schweiz in die EU. Mit dem steigenden Verwaltungsaufwand aufgrund des «Drittstaaten-Papierkrams» geht ein Verlust der Standort- und Investitionsattraktivität im internationalen Wettbewerb einher.

Fazit: Signifikante Mehraufwendungen für alle Akteure und letztlich eine Schwächung der Versorgungs- und Patientensicherheit in der Schweiz.

Unser auf das Gesundheitsrecht spezialisiertes Team steht Ihnen gerne in allen juristischen Belangen rund um Medizinprodukte zur Verfügung. Siehe hierzu auch unseren Magazinbeitrag betreffend die Zunahme der Handlungspflichten für Hersteller von Medizinprodukten sowie das Update über die dringend notwendige Aktualisierung des Abkommens mit der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). In unserem «MME Magazin» finden Sie regelmässig weitere Beiträge zum Thema.