01. Juli 2025

Probezeiten erfolgreich nutzen

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Die Probezeit ist der Start ins Arbeitsverhältnis – eine Phase zum echten Kennenlernen im Alltag. Wer sie aktiv nutzt, kann spätere Konflikte und hohe Kosten vermeiden.

  • Astrid Lienhart

    Legal Counsel

Die Probezeit ist der Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, während dem man sich tiefer kennenlernen und prüfen kann, ob es passt oder eben nicht, fachlich und persönlich. Und obschon in nahezu allen Arbeitsverträgen Probezeiten vereinbart werden, werden die in ihr liegenden Chancen oft nicht oder viel zu wenig genutzt. Das ist sehr bedauerlich, denn Kennenlernen tun sich die Parteien von Arbeitsverträgen nicht an den bisweilen zahlreichen Interviews, die vor Besetzung einer neuen Stelle geführt werden, sondern danach, im Arbeitsalltag. Eine gut genutzte Probezeit kann einem viel Kosten und Ärger sparen.

Gemäss Art. 335b Abs. 1 OR gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses als Probezeit. Die Probezeit darf durch schriftliche Vereinbarung auf höchstens drei Monate verlängert werden (Art. 335b Abs. 2 OR).

Die Probezeit beginnt mit dem tatsächlichen Stellenantritt und kann nicht über die drei Monate hinaus verlängert werden, ausser in gewissen Ausnahmefällen. Diese Ausnahmefälle sind nur im Falle von Krankheit, Unfall oder Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht (z.B. Militär) gegeben, sofern die Probezeit dadurch effektiv verkürzt worden ist. Diese Aufzählung ist abschliessend. Andere Verhinderungsgründe, obschon diese ebenfalls zu einer effektiven Verkürzung der Probezeit führen können (z.B. freie Tage, Ferien), verlängern die Probezeit hingegen nicht.

Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden, von beiden Parteien. Die Parteien können auch eine andere Vereinbarung über die Dauer der Probezeitkündigungsfrist treffen. Sie kann länger sein, aber auch kürzer. Da unserer Erfahrung nach Probezeitkündigungen meistens mit sofortigen Freistellungen (oder mit Arbeitsunfähigkeitszeugnissen) verbunden werden, ist eine Verlängerung der Kündigungsfrist nicht gewinnbringend, im Gegenteil. Passender erscheint sogar eine Verkürzung bis hin zu einer gänzlichen Wegbedingung der Kündigungsfrist während der Probezeit, was rechtlich zulässig ist.

Probezeitkündigungen erfolgen immer auf ein beliebiges Datum hin – dies im Unterschied zu ordentlichen Kündigungen, bei denen das Gesetz ohne abweichende vertragliche Vereinbarungen die Kündigung auf das Ende eines Monats vorsieht. Man kann eine Stelle übrigens bereits vor Stellenantritt kündigen. Unklar und gerichtlich nicht geklärt ist nur, wann in diesem Fall die Kündigungsfrist zu laufen beginnt – ob mit der Kündigung oder ob erst ab dem vereinbarten Start des Arbeitsverhältnisses.

Die gekündigte Partei muss eine Probezeitkündigung noch innerhalb der Probezeit empfangen. Die Kündigungsfrist kann dahingegen aber auch erst nach Ablauf der Probezeit ablaufen.

Während der Probezeit ist der Arbeitnehmerschutz noch weitgehend ausgesetzt. Z.B. finden die Bestimmungen zum zeitlichen Kündigungsschutz (Stichwort "Sperrfristen") noch keine Anwendung und auch die Hürde für die Missbräuchlichkeit einer Kündigung ist viel höher angesetzt als nach Ablauf der Probezeit. Auch Arbeitszeugnisse sind für Arbeitsverhältnisse, welche noch in der Probezeit beendet werden, in der Regel kein Thema, stattdessen werden Arbeitsbestätigungen ausgestellt.

Es versteht sich von selbst, dass man die Eignung von neuen Mitarbeitenden für eine neue Stelle nur dann feststellen kann, wenn der Einarbeitungsprozess einigermassen strukturiert erfolgt. Dazu braucht es gut definierte Aufgabenbereiche und eine strukturierte Einarbeitung, die eine Einschätzung der Leistungen der neuen Mitarbeitenden ermöglicht. Sollten sich Leistungs- oder Verhaltensschwächen abzeichnen, die sich trotz konkretem Feedback auch während des dritten und damit letzten Monats der Probezeit nicht verbessern, sollte aktiv über eine Probezeitkündigung nachgedacht werden, um so beiden Vertragsparteien eine rasche und weitestgehend schmerzlose Trennung zu ermöglichen.

Dies ist erfahrungsgemäss bei Weitem nicht immer der Fall. Vielmehr finden sich neue Mitarbeitende oft in der Situation, dass sie auf sich alleine gestellt notwendigen Informationen beschaffen, Schwerpunkte setzen und sich selbstständig in ihr neues Arbeitsgebiet einarbeiten müssen, ohne dass sie zur Qualität ihrer Arbeit Feedback bekommen. Dies ist sicher nicht als ideal zu bewerten und führt oft dazu, dass die Probezeit ungenutzt abläuft, ohne dass die Eignung neuer Mitarbeitender während der Probezeit genau geprüft worden ist.

Gerne beraten wir Sie als Arbeitgeberin beim Aufsetzen Ihrer Arbeitsverträge hinsichtlich der Probezeit und weisen Sie auf Stolperfallen hin.