10. November 2025

MWST und Staking

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Darstellung der aktuellen Praxis der ESTV

  • Fredrik Dekker

    Tax Advisor
  • Thomas Linder

    Tax Partner

Wie ist Staking mehrwertsteuerlich korrekt zu qualifizieren? Die diesbezügliche Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) steht noch am Anfang - ist aber in Bewegung. Die bisherigen Verlautbarungen bleiben punktuell und werden der Vielfalt digitaler Geschäftsmodelle nur bedingt gerecht. 

Ausgangspunkt: Die MWST-Info 04 der ESTV

In der MWST-Info 04 (Ziff. 2.7.3.5) vom Juni 2019 äusserte sich die ESTV erstmals zur Besteuerung blockchainbezogener Leistungen. Sie hielt fest:

  • Bei Transaktionsgebühren, die von den Nutzern an den Validator gezahlt werden, ist ein steuerbares Leistungsverhältnis gegeben. Diese Leistungen unterliegen als elektronische Dienstleistungen der Steuer zum Normalsatz (Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 MWSTG).
  • Beim Block Reward fehlt es hingegen an einer identifizierbaren Gegenpartei, die ein Entgelt erbringt. Es liegt somit kein steuerbares Leistungsverhältnis vor; der Block-Reward gilt als Nicht-Entgelt (Art. 18 Abs. 2 MWSTG).

Ergänzend wird auch beim Pool-Mining, Pool-Staking oder der Node-Betreuung ein Leistungsverhältnis angenommen, sofern der Nutzer Rechenleistung bzw. Staking-Token überträgt und dafür vergütet wird. Die Ortsbestimmung richtet sich in diesen Fällen ebenfalls nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG.

Präzisierungen durch die Praxis

In Rulingverfahren hat die ESTV seither einzelne Staking-Modelle differenzierter beurteilt – insbesondere in Bezug auf Delegation, Stellvertretung und Vergütungsstrukturen. Eine konsolidierte, öffentlich zugängliche Praxis liegt jedoch bislang nicht vor.

Rechtsprechung: Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (A-5638/2022

Das Gericht bestätigte, dass bei der Kombination von Block Reward und Transaktionsgebühr zwei eigenständige Leistungsverhältnisse bestehen können.

Während die Transaktionsgebühr ein steuerbares Entgelt zwischen Nutzer und Validator darstellt, bleibt der Block Reward ein Nicht-Entgelt, sofern das Protokoll keine bestimmbare Gegenpartei aufweist.

Blick in die Praxis

Die Einordnung erfolgt weiterhin einzelfallbezogen. Je nach Ausgestaltung – etwa Solo, Delegated oder Liquid Staking – ergeben sich unterschiedliche MWST-Folgen.

Entscheidend sind insbesondere:

  • das Vorliegen eines Leistungsverhältnisses,
  • die vertraglichen Rollen der Beteiligten,
  • sowie die Allokation der Erträge.

Nachfolgend wird die aktuelle MWST-Praxis (basierend auf der Beurteilung einzelner Fälle) mit Bezug auf die verschiedenen Arten von Staking kurz zusammengefasst.

Solo Staking / Validierung

Beim Solo-Staking wird im eigenen Namen ein Node betrieben, um als Validator am Konsensmechanismus teilzunehmen. Als Vergütung für seine Validierungsaktivität erhält der Validator Staking Rewards in Form von neu geschaffenen Token und vom Nutzer als Transaktionsgebühr aufgewendeten Token.

Vom Nutzer an den Validator bezahlte Transaktionsgebühren für die Verarbeitung einer bestimmten Transaktion über das Netzwerk qualifizieren als Entgelt für eine steuerbare Dienstleistung, deren Ortsbestimmung sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG richtet.

Aufgrund der Anonymität der Teilnehmer lässt die ESTV i.S. einer Vereinfachung eine annäherungsweise Ermittlung des Inlandanteils auf Basis des Anteils der Nodes mit inländischen (CH sowie FL) IP-Adressen oder alternativ basierend auf dem Anteil des inländischen (CH sowie FL) BIP im Verhältnis zum globalen BIP zu. Das Verhältnis ist grundsätzlich monatlich zu ermitteln und die gewählte Methode für eine Steuerperiode beizubehalten.

Vom Protokoll ausgeschüttete Block Rewards stellen für die Belange der MWST Nicht-Entgelte dar, sofern das Protokoll keine bestimmbare Gegenpartei aufweist.

Wird das Protokoll dagegen durch eine dezentrale autonome Organisation (DAO) beherrscht (d.h. Token-Inhaber bestimmen mittels qualifizierter Governance Funktion über das Protokoll), stellen Block Rewards trotzdem ein Entgelt für eine steuerbare Leistung gegenüber dem Protokoll dar (Blockvalidierung). Dies gilt auch für Protokolle, in denen der Validator nicht konkret für den von ihm validierten Block entschädigt wird, sondern am Ende einer bestimmten Zeitdauer (z.B. Epoche) durch das Protokoll für die generelle Teilnahme als Validator am System belohnt wird und die Transaktionsgebühren folglich dem Protokoll/Netzwerk zufliessen.

Für die Bestimmung Sitzes der DAO wird in Analogie zu MWST-Info 06, Ziff. 2.1 grundsätzlich auf die Token-Verteilung abgestellt. Folglich liegen bei dezentralen Personengesamtheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit grundsätzlich Subjekte mit Sitz im Ausland vor, da in aller Regel mehr als die Hälfte der Token durch Personen mit Sitz im Ausland gehalten werden. Die entsprechenden Block Rewards unterliegen demnach nicht der Schweizer MWST. 

Delegated Staking 

Token-Inhaber, welche nicht selbst als Validatoren am Konsensmechanismus teilnehmen möchten, können die Staking-Funktion (sofern vom Protokoll vorgesehen) an von ihnen ausgewählte Validatoren delegieren.

Eine solche On-Chain Delegation der Staking-Funktion stellt eine grundsätzlich steuerbare Dienstleistung des Token-Inhabers an den Validator dar, deren Ortsbestimmung sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG richtet.

Im Unterschied zur grossen Anzahl an Auftraggebern von Transkationen im Rahmen der Tätigkeit als Validator, erfolgt die Delegation in der Regel an eine überschaubarere Anzahl von Validatoren. Eine annäherungsweise Ermittlung eines Inlandanteils aufgrund der inländischen Nodes oder dem BIP ist für Delegated Staking-Leistungen daher nicht zulässig. Der Sitz des Validators ist daher durch den Delegator nachzuweisen, oder sofern dies aufgrund der Anonymität nicht möglich ist, mittels IP-Adresse des Validators oder anderen Merkmalen zu plausibilisieren.

Tritt der Verwahrer im Namen und für Rechnung des Token-Inhabers auf, ist die Staking-Leistung grundsätzlich direkt dem Token-Inhaber zuzuordnen und nicht dem Verwahrer (direkte Stellvertretung).

Bei einer nicht segregierten bzw. gepoolten Verwahrung der Token ist jedoch davon auszugehen, dass der Verwahrer stets im eigenen Namen im Rahmen des Stakings auftritt und somit keine direkte Stellvertretung besteht. Es liegen demnach zwei Leistungsverhältnisse, d.h. eine Delegation vom Token-Inhaber an den Verwahrer und eine Weiterdelegation vom Verwahrer an den Validator vor (indirekte Stellvertretung). Allfällig verrechnete Gebühren des Verwahrers für die Delegation qualifizieren dabei als Entgeltsminderung.

Staking-as-a-Service (SaaS) 

Betreibt ein Dienstleister im Auftrag und im Namen (und für Rechnung) des Kunden (Token-Inhaber) einen Validator-Node, handelt es sich hierbei (SaaS-Auftrag) um eine grundsätzlich steuerbare Dienstleistung, deren Ortsbestimmung sich nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG richtet.

Die Staking-Aktivität im Blockchain-Netzwerk wird dabei dem Token-Inhaber zugerechnet und die mehrwertsteuerliche Behandlung richtet sich nach der Art der im Namen des Token-Inhabers erbrachten Leistung (z.B. Solo Staking oder Delegated Staking).

Liquid Staking 

Beim Liquid Staking werden die zu stakenden Token i.d.R. an einen Smart Contract eingezahlt und im Gegenzug ein neuer Liquid Token an den Liquid Staker ausgegeben, welcher den Anteil (Stake) am Staking Pool repräsentiert und gehandelt werden kann.

In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass beim Liquid Staking ein Miteigentums-ähnlicher Sachverhalt vorliegt und daher dieselben mehrwertsteuerlichen Folgen wie beim Solo Staking resp. Delegated Staking Anwendung finden sollten.

Die ESTV erachtet es dagegen aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als sachgerecht, den Liquid Token mehrwertsteuerrechtlich analog einem Tracker-Zertifikat mit Referenzwert am Staking Pool bzw. einer Obligation mit partiarischen Anteilen zu behandeln (in der Annahme, dass mit dem Liquid Token keine qualifizierte Governance-Funktion verbunden ist).

Für die Belange der MWST handelt es sich beim dabei erworbenen Liquid Token daher um einen Anlagetoken. Der Handel von Liquid Staking Token ist damit gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG von der MWST ausgenommen.

Die Einspeisung von Token für den Erhalt des Liquid Token stellt dabei grundsätzlich kein Leistungsverhältnis dar.

Bei der Rückgabe des Liquid Token gegen Auszahlung Token aus dem Staking Pool bemisst sich das von der Steuer ausgenommene Entgelt (Zins) nach dem dafür aus dem Staking Pool ausgezahlten Betrag abzüglich der ursprünglich für den Erhalt des Liquid Staking Tokens hingegebenen Anzahl Token. Ist es nicht möglich, bei der Rückgabe des Liquid Tokens nachzuweisen, wie viele Token ursprünglich hingegeben wurden, kann im Sinne einer Vereinfachung nach Art. 80 MWSTG der gesamte Betrag als von der Steuer ausgenommenes Entgelt behandelt werden.

Wenn es sich beim Liquid Staking um eine Nebentätigkeit handelt, kann die Vorsteuerkorrektur für die gemischt genutzte Infrastruktur mittels Pauschale von 0.02% (Mi 09, Ziff. 4.3.2) vorgenommen werden. Direkt dieser Tätigkeit zugeordnete Vorsteuern sind mit dieser Pauschale nicht abgegolten.

Re-Staking

Beim Re-Staking werden bereits gestakte Token zur gleichzeitigen Sicherung dezentraler Applikationen (sog. Module) via Smart Contract verwendet. Auch hier bestehen die Möglichkeiten des Solo Stakings sowie des Delegated Stakings.

Für die Belange der MWST wird grundsätzlich nicht zwischen Staking und Re-Staking unterschieden. Es kann demnach auf die Ausführungen zum Solo Staking oder zum Delegated Staking verwiesen werden.

Ausblick

Wie die verschiedenen Staking-Formen zeigen, lässt die seit 2019 unverändert gebliebene Praxispublikation der ESTV viele Fragen offen. Eine praxisgerechte Aktualisierung wäre daher wünschenswert.

Bis dahin empfiehlt es sich für im Staking-Bereich tätige Unternehmen, die MWST-Aspekte sorgfältig zu prüfen - und bei Bedarf ein Ruling einzuholen oder fachliche Beratung beizuziehen.

Haben Sie Fragen zu einem konkreten Staking-Setup oder wünschen Sie eine fundierte Einordnung Ihrer Struktur? Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

 

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