16. Mai 2023

Keine Gentests zur Ernährungsoptimierung ohne Fachperson?

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Aufgrund der Revision des Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG), die am 1. Dezember 2022 in Kraft trat, unterliegt eine Vielzahl der im Internet angebotenen Gentests neuerdings klaren Regeln und Voraussetzungen.

Aufgrund der grossen Fortschritte im Bereich der genetischen Forschung und der medizinischen Diagnostik werden immer mehr Gentests im medizinischen Bereich, aber auch ausserhalb der Medizin, entwickelt. Letztere sollen dabei keine medizinische Fragestellung beantworten. Vielmehr handelt es sich oftmals um sogenannte «Lifestyle-Gentests», welche auf die Selbstoptimierung abzielen. Diese sind in der Regel im Internet einfach bestellbar, kostengünstig und die Ergebnisse sind schnell verfügbar. Vor diesem Hintergrund bieten das revidierte GUMG und andere Rechtsbestimmungen Lösungen an, um Missbräuche vorzubeugen und den Schutz der Persönlichkeit zur gewährleisten.

Was sind Gentests?

Genetische Tests untersuchen das menschliche Erbgut und werden oftmals durchgeführt, um gesundheitliche Fragen zu beantworten oder Verwandtschaftsverhältnisse zu klären. Hierbei handelt es sich um genetische Untersuchungen innerhalb des medizinischen Bereichs. Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs richten sich dagegen an Menschen, die anhand ihrer DNA mehr über ihren Körper, ihre Talente oder ihre Herkunft erfahren möchten. Somit zielen sie nicht darauf ab, medizinische Diagnosen zu stellen.

Es gibt nicht-medizinische Gentests, welche die sportliche Veranlagung eruieren oder helfen sollen, die Ernährung zu optimieren. Hierbei handelt es sich um sogenannte «direct-to-consumer»-Tests (DTC-Tests). Diese werden ohne persönliche sowie fachliche Begleitung im Internet als Selbsttest-Kits angeboten und das Ergebnis wird anschliessend online zur Verfügung gestellt. Dies kann insofern problematisch sein, weil nicht alle angebotenen DTC-Tests zuverlässige Resultate liefern und ein besorgniserregendes Testresultat regelmässig Folgefragen generiert. In den meisten Fällen sind die DTC-Gentests in der Schweiz verboten, aber im Internet findet man ungeachtet davon viele Angebote ausländischer Firmen.

Vor der Revision des GUMG war der Geltungsbereich des Gesetzes auf Gentests im medizinischen Bereich beschränkt. Deshalb war unklar, ob die Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs, welche somit nicht vom GUMG geregelt wurden, überhaupt zulässig waren. Mit der Revision wurden der Geltungsbereich erweitert und klare Regeln aufgestellt. Dies ermöglicht es Missbräuche vorzubeugen und den Schutz der Persönlichkeit zu gewährleisten.

Wie ist zwischen genetischen Untersuchungen innerhalb und ausserhalb des medizinischen Bereichs zu unterscheiden?

Genetische Untersuchungen, welche Auskunft über aktuelle oder künftige Gesundheitsbeeinträchtigungen geben oder andere medizinisch relevante Eigenschaften betreffen, fallen in den medizinischen Bereich. Hierzu zählen beispielsweise Untersuchungen betreffend Chromosomenstörungen wie Trisomie 21 oder Erbkrankheiten wie zystische Fibrose.

Hingegen werden dem nicht-medizinischen Bereich genetische Untersuchungen zugeordnet, deren Ergebnis keinerlei Auskunft zu Krankheiten, Krankheitsrisiken oder anderen medizinisch relevanten Eigenschaften gibt.

Zur Unterscheidung zwischen genetischen Untersuchungen innerhalb und ausserhalb des medizinischen Bereichs ist zunächst zu prüfen, welcher Natur die zu untersuchende Eigenschaft ist. Zu fragen ist also danach, ob die zu untersuchende Eigenschaft Auskunft über heutige oder künftige mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen oder andere medizinisch relevante Eigenschaften der betroffenen Person gibt. Ist dies der Fall, handelt es sich um eine genetische Untersuchung im medizinischen Bereich. Sodann ist auch der Zweck der Untersuchung relevant. Erfolgt die Untersuchung aus medizinischen Gründen oder aufgrund einer medizinischen Indikation, handelt es sich ebenfalls um eine genetische Untersuchung im medizinischen Bereich.[1]

Welche neuen Bestimmungen gelten für Gentest ausserhalb des medizinischen Bereiches?

Das GUMG unterscheidet zwischen zwei Kategorien von genetischen Tests ausserhalb des medizinischen Bereichs. Die erste Kategorie umfasst Gentests, bei denen aufgrund ihrer sensiblen Daten der Schutz der Persönlichkeit beachtet werden muss. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Tests zur ethnischen Herkunft, zum Ernährungsverhalten, Sportlichkeit oder auch zu Eigenschaften wie Intelligenz, Begabung oder Charakter. Solche Gentests müssen neuerdings von einer der nachfolgenden Gesundheitsfachpersonen veranlasst werden: Ärzte, Apotheker, Ernährungsberater, Psychologen, Physiotherapeuten, Drogisten, Chiropraktiker oder Osteopathen. Mit einbezogen sind auch Personen mit anerkannten ausländischen Abschlüssen. Hierbei muss die Probe für den Gentest im Beisein der Fachperson entnommen werden. Damit wird sichergestellt, dass keine heimlichen Tests bei Dritten oder unerlaubte Tests bei kleinen Kindern durchgeführt werden. Laboratorien, die solche Tests durchführen, müssen neu eine entsprechende Bewilligung haben. Sie müssen jedoch nicht wie im medizinischen Bereich ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen.

Die zweite Kategorie beinhaltet Gentests, welche weniger sensible Daten betreffen und somit auch weniger schützenwerte Informationen hervorbringen. Ein Beispiel hierfür wären Genanalysen zur Haarfarbe oder zum Geschmacksempfinden (z.B. Beurteilung der Fähigkeit, bitteren Geschmack zu empfinden). Deren Veranlassung wird durch das Gesetz nicht grundsätzlich eingeschränkt und somit können sie als DTC-Tests direkt an die Verwender über das Internet angeboten werden. Nichtsdestotrotz müssen auch hier die allgemeinen Regeln betreffend Aufklärung, Einwilligung und Werbung eingehalten werden. Diese verbieten unter anderem heimliche Gentests für Drittpersonen.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass das Gesetz lediglich die Rahmenbedingungen für die Durchführung eines Gentests vorgibt. Es bestimmt allerdings nicht, wie aussagekräftig oder nützlich der Test sein muss.

Was passiert bei der Verwendung von Lifestyle-Gentests o.ä. ohne Fachperson?

Unternehmen aus dem Ausland bieten eine Vielzahl von Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs an, welche gemäss den neuen Bestimmungen zwingend durch eine Fachperson zu erbringen wären. Privatpersonen, die für sich selbst einen solchen Lifestyle-Gentest aus dem Ausland bestellen und anschliessend ohne Fachperson durchführen, machen sich nicht strafbar. Hingegen können Personen belangt werden, welche unter anderem vorsätzlich den Gentest für Drittpersonen ohne deren Zustimmung in Auftrag geben oder DTC-Tests betroffenen Personen für Untersuchungen im medizinischen Bereich, zur Abklärung besonders schützenswerter Eigenschaften der Persönlichkeit ausserhalb des medizinischen Bereichs oder zur Erstellung von DNA-Profilen abgeben.

Gibt es bei Verstössen gegen die Vorschriften strafrechtliche Sanktionen?

Das GUMG sieht für Vergehen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen und bei Übertretungen Bussen vor (Art. 56 und 57 GUMG).

Gerne unterstützen Sie unsere Gesundheitsrechtsexperten bei Fragen zu diesem und weiteren gesundheitsrechtlichen Themen.

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[1]          BBl 2017 5618 f.