18. Januar 2022

Coronavirus - Einsatz des Zertifikats am Arbeitsplatz

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Seit dem 13. September 2021 gilt, dass Arbeitgeber von ihren Angestellten im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht das Vorlegen eines Covid-Zertifikats verlangen dürfen, wenn dies der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts dient.

Beitrag zufolge Aufhebung der COVID-Massnahmen nicht mehr aktuell, jedoch für auf die Vergangenheit bezogene Fragen noch von Relevanz.

Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber in dieser Pandemie alle zumutbaren Massnahmen treffen, um die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu schützen. So gilt etwa seit dem 13. September 2021, dass Arbeitgeber von ihren Angestellten im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht das Vorlegen eines Covid-Zertifikats verlangen dürfen, wenn dies der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts dient. Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 8. September 2021 entschieden und in der massgebenden Covid 19-Verordnung verbrieft. Diese Möglichkeit besteht auch weiterhin. Mit der aktuellen Änderung der Covid 19-Verordnung vom 6. Dezember 2021 und vom 20. Dezember 2021 fragt sich nun, ob die Einführung von einer sog. 2-G- oder 2-G+-Regel am Arbeitsplatz möglich wäre. Momentan besteht für eine flächendeckende Einführung am Arbeitsplatz keine gesetzliche Grundlage. Die Einführung einer 2-G- oder 2-G+-Regel am Arbeitsplatz würde eine Gesetzesänderung verlangen und könnte nicht auf dem Verordnungsweg umgesetzt werden. Eine Einführung einer 2-G- oder 2-G+-Regel am Arbeitsplatz rechtfertigt sich ausschliesslich in Ausnahmefällen.

Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist im Einzelfall unter Einbezug einer Vielzahl von Aspekten vom Arbeitgeber zu beurteilen, ob angemessene Schutzmassnahmen benötigt werden. Für die Beurteilung sind etwa die räumlichen Verhältnisse (also ob in Einzelbüros oder grossen Werkhallen gearbeitet wird), die Betroffenheit vulnerabler Personen, die Zusammenarbeit im Team oder der Kundenkontakt entscheidend. Falls der Arbeitgeber das Zertifikat einführen möchte, so sind die Mitarbeiter oder die Arbeitnehmervertretung vorab zu konsultieren. Dies kann in einer Versammlung oder per E-Mail geschehen, wobei den Mitarbeitern einige Tage Zeit für ihr allfälliges Feedback einzuräumen ist. Der finale Entscheid liegt dabei nach wie vor beim Arbeitgeber. Zudem muss Letzterer die Testkosten übernehmen, falls er nicht bereits repetitives, vom Bund finanziertes Testen anbietet. Zu beachten ist aber, dass bei repetitivem Testen kein Zertifikat ausgestellt wird. Aus Datenschutzgründen ist – wo immer möglich – im Sinne der Verhältnismässigkeit das datenarme „Zertifikat light“ zu verwenden, aus welchem nicht ersichtlich ist, ob ein Mitarbeiter getestet, genesen oder geimpft ist.

Nachstehende Fragen und Antworten sollen dem Leser ein Gespür dafür geben, wie mit dem Covid-Zertifikat umzugehen ist:

Q: Darf ein Fitnessstudio von seinem angestellten Fitnessinstruktor das Vorlegen eines Covid-Zertifikates verlangen?

A: Da im Fitnessstudio insbesondere wegen der Gruppenkurse ein enger Kontakt mit Kunden und Mitarbeitern stattfindet und weil auch für Kunden eine Zertifikatpflicht gilt, darf vom Fitnessinstruktor verlangt werden, dass er ein Covid-Zertifikat vorlegt. Falls er nicht genesen oder geimpft ist und auch nicht impfen möchte, muss er sich alle 1-3 Tage testen lassen (je nach Art des Tests – Antigenschelltests reichen für 24 Stunden, PCR Tests für 72 Stunden). Die Tests muss der Arbeitgeber bezahlen, ausser er hat in seinem Betrieb das vom Bund finanzierte repetitive Testen eingeführt (welches allerdings nicht zu einem Zertifikat berechtigt). Für die Einführung einer strikten 2-G- oder 2-G+-Regel fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Q: Darf vom Arbeitgeber eines Einrichtungsgeschäfts verlangt werden, dass Verkäufer ohne Corona-Zertifikat keine Kundinnen mehr beraten dürfen, sondern im Lager arbeiten müssen?

A: Weil in Einrichtungsgeschäften kein Covid-Zertifikat von Kunden vorgewiesen werden muss, wären strengere Regeln für das Personal schwierig zu begründen. Hier sind ja ohnehin Masken zu tragen bzw. die Abstandsregeln einzuhalten. In Branchen, in welchen für Kunden eine Zertifikatpflicht gilt, ist aber durchaus denkbar, dass Personen ohne Covid-Zertifikat der direkte Kundenkontakt untersagt wird.

Q: Darf eine Chefin eines Architekturbüros prestigeträchtige Aufträge nur noch an Mitarbeiter mit Zertifikat vergeben?

A: Ein Arbeitgeber darf nur dann ein Zertifikat verlangen, wenn dies zum Schutz des Personals oder der Kunden dient und nicht für andere Zwecke. Eine Verknüpfung der Auftragsvergabe mit dem Impf- oder Teststatus ohne sachlichen, mit dem beim Arbeitgeber geltenden Schutzkonzept zusammenhängender Grund ist also nicht zulässig.

Q: Darf die hauseigene Kantine eines Unternehmens verlangen, dass Beschäftigte ohne Covid-Zertifikat in einem anderen Bereich sitzen müssen als Beschäftigte mit einem Covid-Zertifikat?

A: Gegen eine solche Massnahme spricht nichts. Ein Bereich wäre dann für Mitarbeiter mit Zertifikat, wo geringere Abstandsregeln gelten dürfen und der andere Bereich wäre dann mit Maskenpflicht (ausser man sitzt) und den üblichen Abstandsregeln. Auch darf der Arbeitgeber als Alternative generell von ihren Besuchern das Vorlegen eines Covid-Zertifikats verlangen, übereinstimmend mit öffentlichen Restaurants.

Q: Was hat ein Arbeitgeber zu beachten, wenn er im Rahmen seines Schutzkonzeptes eine Covid-Zertifikatpflicht einführen möchte?

A:
• Möchte ein Arbeitgeber das Covid-Zertifikat für sein betriebliches Schutzkonzept einsetzten, hat er die betroffenen Angestellten oder ihre Vertretungen zuvor anzuhören. „Anhörung“ heisst dabei nicht, dass der Arbeitgeber das Covid-Zertifikat nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer einsetzten darf. Er muss die Arbeitnehmer aber konsultieren, etwa per E-Mail oder in einer Versammlung und ihnen genügend Zeit einräumen (2-3 Arbeitstage), um zum geplanten Schutzkonzept Stellung zu nehmen.

• Setzt ein Arbeitgeber die Covid-Zertifikatpflicht ein, hat er dann für ungeimpfte Mitarbeiter regelmässig (z.B. wöchentliche) Tests anzubieten, welche vom Bund finanziert werden. Bietet er keine repetitiven Tests an, hat er für die Testkosten selbst aufzukommen. Sieht er differenzierte Massnahmen vor (z.B. Homeoffice für Personen ohne Covid-Zertifikat), müssen keine Testkosten übernommen werden.

• Wichtig zu beachten ist, dass Arbeitgeber schriftlich festhalten müssen, welche Massnahmen für Arbeitnehmer mit beziehungsweise ohne Covid-Zertifikat gelten.

• Weiter zu beachten ist, dass aus Datenschutzgründen die erhaltenen Daten vom Arbeitgeber nicht anderweitig verwendet werden dürfen und wenn immer möglich das datenarme „Zertifikat light“ zu verwenden ist. Wirklich praktikabel ist dies wohl nur für einzelne Anlässe, da aus dem Zertifikat light nicht ersichtlich ist, ob ein Mitarbeiter getestet, genesen oder geimpft ist und so selbst geimpfte Mitarbeiter laufend dem Arbeitgeber das Zertifikat vorlegen müssten.

Q: Darf ein Arbeitgeber also Angestellten mit Zertifikat erlauben, auf die Maske zu verzichten – von den anderen aber verlangen sie weiter zu tragen?

A: Aktuell gilt eine generelle Maskenpflicht. Da es an einer gesetzlichen Grundlage für die Einführung einer 2-G- oder 2-G+-Regel fehlt, ist es am Arbeitsplatz nicht möglich die Maskenpflicht auch nur teilweise aufzuheben.

Q: Darf ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer kündigen, weil sich Letzterer gegen angeordneten Schutzmassnahmen sträubt?

A: Es könnte sein, dass eine solche Entlassung missbräuchlich ist, was erst nachträglich durch ein Gericht festgestellt werden kann; das heisst, die Entlassung bliebe zwar gültig, aber der Betroffene hätte unter Umständen Chancen, sich vor Gericht eine Entschädigung im Umfang von bis zu 6 Monatslöhnen zu erstreiten. Zu empfehlen ist aus diesem Grund, vor einer Kündigung nach pragmatischen Lösungen zu suchen.

Q: Wäre es aktuell zulässig, nur noch Geimpfte Mitarbeiter anzustellen?

A: Je nach Umständen am Arbeitsplatz (Platzverhältnisse, Kundenkontakt, Nähe zu besonders gefährdeten Patienten/Personen etc.) erscheint uns dies aktuell für einen privatrechtlichen Arbeitgeber durchaus ein gangbarer Weg.

Unser Arbeitsrecht-Expertenteam berät Sie gerne zu sämtlichen Fragen zum Thema Zertifikatpflicht im Büro. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.