14. August 2025

Kurzarbeit als Reaktion auf die neuen US-Zölle

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Am 7. August 2025 traten US-Einfuhrzölle von mind. 39 % auf Schweizer Produkte in Kraft. Erste Firmen meldeten Kurzarbeit an. Unser Beitrag erklärt Voraussetzungen und Umsetzung der KAE.

  • Patricia Neuhaus

    Legal Associate

Anspruchsvoraussetzungen für die Kurzarbeit

Die Anspruchsvoraussetzungen für Kurzarbeit sind im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) geregelt. Ergänzende Bestimmungen enthält die Arbeitslosenversicherungsverordnung (AVIV). Damit ein Unternehmen Kurzarbeit für seine Arbeitnehmenden anmelden kann, müssen kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Arbeitszeitverkürzung oder -einstellung: Die normale Arbeitszeit der betroffenen Arbeitnehmenden ist verkürzt oder vollständig eingestellt.
  • Versicherungsdeckung: Die betroffenen Arbeitnehmenden sind in der Arbeitslosenversicherung versichert oder erfüllen diese Voraussetzung nur deshalb nicht, weil sie das Mindestalter für den AHV-Beitritt noch nicht erreicht haben.
  • Anrechenbarer Arbeitsausfall: Der Arbeitsausfall ist auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar.
  • Mindestumfang: Der Arbeitsausfall beträgt innerhalb einer Abrechnungsperiode von einem Monat (oder 4 Wochen) mindestens 10% der normalerweise im Betrieb geleisteten Stunden.
  • Ungekündigtes Arbeitsverhältnis: Die betroffenen Arbeitnehmenden stehen in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis.
  • Vorübergehender Charakter: Der Arbeitsausfall ist voraussichtlich vorübergehend und es ist zu erwarten, dass die Arbeitsplätze durch Kurzarbeit erhalten werden können.

Die Voraussetzungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn Kurzarbeit für Arbeitnehmende in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder für Lehrlinge beantragt wird, oder wenn der Arbeitnehmende mit der Kurzarbeit nicht einverstanden ist.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat mitgeteilt, dass Arbeitsausfälle im Zusammenhang mit den neuen US-Zöllen grundsätzlich als anrechenbar gelten, wenn das Unternehmen entweder

  • direkt Waren in die USA liefert; oder
  • Teil einer Lieferkette ist, deren Endprodukte den US-Zöllen unterliegen.

Da jede Anmeldung individuell geprüft wird, müssen Unternehmen in der Voranmeldung aber dennoch detailliert darlegen, wie sich die US-Zölle auf ihren Betrieb auswirken und weshalb der Arbeitsausfall unvermeidbar ist.

Voranmeldung zur Kurzarbeit

Alle relevanten Formulare zur Anmeldung von Kurzarbeit finden Sie auf der Website von arbeit.swiss (eServices und Formulare für Kurzarbeitsentschädigung). Die Voranmeldung ist digital bei den kantonalen Amtsstellen einzureichen.

Wichtig ist, dass die Voranmeldung in der Regel mindestens zehn Tage vor Beginn der Kurzarbeit erfolgen muss. Wird sie später eingereicht, ist der Arbeitsausfall unter Umständen erst nach Ablauf der zehntätigen Meldefrist anrechenbar.

Die kantonale Amtsstelle kann zusätzliche Unterlagen anfordern, wenn die Voranmeldung unvollständig ist. Dies verzögert den Fristenlauf und kann dazu führen, dass die KAE nicht rechtzeitig bewilligt wird. Es empfiehlt sich daher, das Formular von Anfang an mit allen erforderlichen Angaben einzureichen.

Knackpunkte

Bestimmte Fragen treten im Zusammenhang mit Kurzarbeit immer wieder auf. Hier beantworten wir einige davon:

1. Für wie lange kann Kurzarbeit beantragen werden?

  • Innerhalb einer Rahmenfrist von 2 Jahren wird KAE gemäss dem Gesetz während höchstens 12 Monaten (Abrechnungsperioden) ausgerichtet. Aktuell bis 31. Juli 2026 wurde diese Höchstdauer angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage aber sogar auf dem Verordnungsweg auf 18 Monate ausgedehnt. Zudem ist momentan eine parlamentarische Initiative auf Erhöhung der Bezugsdauer von 18 auf 24 Monaten in Diskussion.
  • Für einen Arbeitsausfall von mehr als 85% der normalen betrieblichen Arbeitszeit, kann während höchsten vier Abrechnungsperioden KAE beantragt werden. Danach kann weiterhin Kurzarbeit für niedrigere Arbeitsausfälle beantragt werden.
  • Bei den Abrechnungsperioden handelt es sich in der Regel um Kalendermonate.

2. Was gilt, wenn ein Arbeitnehmender nicht einverstanden ist?

  • Kurzarbeit ist nur mit Zustimmung der betroffenen Person möglich. Ohne Zustimmung muss der Arbeitnehmende weiterhin zum regulären Lohn beschäftig werden.
  • Eine Kündigung bleibt zulässig. Es gelten jedoch die üblichen Missbrauchstatbestände.

3. Gibt es besondere Regeln für Neuzugänge oder Grenzgänger?

  • Nein, es gelten dieselben Voraussetzungen.

4. Gibt es Kurzarbeit auch für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder?

  • KAE kann nicht für Personen beantragt werden, die im Unternehmen die Entscheide festlegen oder die Entscheide massgeblich beeinflussen. Dazu gehören insbesondere Verwaltungsräte einer AG sowie Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH.
  • Bei Mitgliedern der Geschäftsleitung kommt es auf die tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse an.

5. Wie hoch ist der Lohn bei Kurzarbeit?

  • Der Lohn beträgt 80% des Verdienstausfalls und umfasst nebst dem vereinbarten Lohn auch vertraglich vereinbarte regelmässige Zulagen.
  • Der maximal versicherte Lohn beträgt CHF 12‘350 pro Monat.
  • Ob ein Bonus berücksichtigt wird, hängt davon ab, ob er vertraglich vereinbart ist und Lohnbestandteil darstellt.

6. Wie wird die reguläre Arbeitszeit nachgewiesen?

  • Ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht nur, wenn für die betroffenen Arbeitnehmenden eine betriebliche Arbeitszeiterfassung vorliegt, die die üblicherweise geleisteten Arbeitsstunden belegt

7. Kann Kurzarbeit verlängert werden?

  • Ja, aber auch die Verlängerung muss zehn Tage vor Ablauf bei der kantonalen Amtsstelle vorangemeldet werden, um eine Unterbrechung zu vermeiden.

8. Was, wenn nur ein Teil des Betriebs betroffen ist?

  • KAE kann auch für einen Betriebsteil beantragt werden, sofern dieser über eigene personelle und technische Mittel verfügt und einer selbständigen innerbetrieblichen Leitung untersteht oder Leistungen erbringt, die auch von einem selbständigen Betrieb auf dem Markt angeboten werden könnten.
  • Die Voraussetzungen müssen gegenüber der kantonalen Amtsstelle belegt werden, z.B. durch ein Organigramm oder eine Beschreibung des Betriebsteils.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Kurzarbeit? Oder ist Ihr Unternehmen selbst von den neuen US-Zöllen betroffen? Gerne unterstützen Sie unsere Arbeitsrechtsexperten bei Ihren Fragen zu diesem und weiteren arbeitsrechtlichen Themen.


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