Das Haager Gerichtsstandübereinkommen soll ab 2025 mehr Rechtssicherheit bei internationalen Streitigkeiten schaffen. Wird die Schweiz dadurch ein attraktiverer Standort für Streitbeilegung?
Das Haager Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGvÜ) soll mehr Rechtssicherheit im internationalen Handelsverkehr schaffen, indem es die internationale Zuständigkeit der Gerichte und die grenzüberschreitende Anerkennung von Entscheidungen regelt, wenn die Parteien für Rechtsstreitigkeiten die Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Vertragsstaats vereinbart haben. Das Parlament hat am 22. Dezember 2023 den Betritt der Schweiz zum HGvÜ genehmigt. Der Bundesrat setzt das HGvÜ sowie die im Rahmen der Umsetzung beschlossenen Änderung des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) nun auf den 1. Januar 2025 in Kraft.
Der Beitritt zum Haager Übereinkommen bringt zahlreiche Vorteile mit sich, insbesondere im Hinblick auf die Erhöhung der Rechtssicherheit und die Stärkung der Position der Schweiz als internationale Drehscheibe für juristische Dienstleistungen. Das Haager Übereinkommen wird Klarheit in Fragen der Gerichtsbarkeit schaffen, insbesondere im Umgang mit Staaten ausserhalb des Lugano-Übereinkommens (LugÜ) und des Europäischen Rechtsraums, wie beispielsweise dem Vereinigten Königreich. Die in den Artikeln 5 und 6 festgelegten Mechanismen des Übereinkommens sollen die Durchsetzung von Gerichtsstandsvereinbarungen in internationalen Handelsverträgen erleichtern. Auch die klaren Voraussetzungen des Übereinkommens für die Wahl eines Gerichts und die Einschränkungen bei den Gründen für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung von Entscheidungen (Artikel 9) tragen weiter zur Rechtssicherheit bei. Durch die Bestimmungen des HGvÜ betreffend lis pendens wird das "Forum Shopping" (Torpedo-Klagen, negative Feststellungsklagen, etc.) eingeschränkt, was zu geringeren Transaktionskosten und einem berechenbareren rechtlichen Umfeld für Unternehmen im internationalen Handel führt.
Die "Abschaltklausel" des Haager Übereinkommens (Artikel 26) verhindert Konflikte mit dem LugÜ und der Brüssel-I-Verordnung. Diese Übereinkommen gehen dem HGvÜ grundsätzlich vor.
Das Haager Übereinkommen ist weitgehend mit dem schweizerischen Recht, insbesondere dem Schweizerischen Gesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG), vereinbar. Eine umfassende Revision dieses Gesetzes war für die Umsetzung des Übereinkommens somit nicht erforderlich. Einzig die Bestimmungen des IPRG über Gerichtsstandsvereinbarungen (Art. 5 IPRG) sowie über die Einlassung (Art. 6 IPRG) werden auf den 1. Januar 2025geringfügig angepasst
Insgesamt bietet der Beitritt der Schweiz zur Haager Konferenz erhebliche Vorteile, insbesondere für die Stärkung der Rechtssicherheit für Unternehmen, die in internationalen Transaktionen tätig sind, sowie für die Attraktivität der Schweiz als Standort für internationale Streitbeilegung. Während die Beziehung zwischen dem HGvÜ und bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen wie dem Lugano-Übereinkommen noch einer genauen Abstimmung bedarf, überwiegen die positiven Effekte. Die vorgeschlagenen Anpassungen des schweizerischen Rechts zielen darauf ab, eine reibungslose Umsetzung des Übereinkommens zu gewährleisten. Die Einführung des Haager Übereinkommens wird dazu beitragen, die Position der Schweiz als führendes Zentrum für internationales Wirtschaftsrecht weiter zu festigen.
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