24. März 2020

Corona und Cross Border Trade

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Coronavirus und die Herausforderungen im Internationalen Handel.

Das Corona Virus hat die Welt in den Schwitzkasten genommen. Diese ausserordentliche Situation hat einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft, die lokale und globale Wirtschaft. Das MME Cross Border Trade Team erörtert die Herausforderungen, vor denen der internationale Handel jetzt steht.

Handels- und Vertriebsrecht

Leistungsstörungen in Handelsverträgen können zu Schäden führen. Aktuell ist jedoch nicht nur in Bezug auf Leistungserbringer mit Leistungsstörungen zu rechnen, sondern wollen auch Leistungsempfänger aus bestehenden Verträgen (Kaufverträge, Rahmenverträge) aussteigen oder solche anpassen. Bei der Beurteilung der sich verändernden geschäftlichen Bedürfnisse beider Parteien ist abzuwägen, wie es der bestehende Rechtsrahmen beiden Parteien ermöglichen kann, Verluste langfristig zu mildern (Haftung, höhere Gewalt, Vertragsanpassung und Vertragsauflösung). Dieses Ziel kann durch einen agilen Kriseninterventionsplan mit einer klaren Strategie erreicht werden. Informationen und rechtliche Überlegungen zu den Auswirkungen des Coronavirus auf Vertragsbeziehungen (Höhere Gewalt, Vertragsanpassungen) finden Sie hier.

Supply Chain

Verschiedene Transportmodalitäten stehen nicht mehr oder nicht mehr wie bisher zur Verfügung. Lockouts führen dazu, dass die Produktion und Dienstleistungen nicht aufrechterhalten werden kann. Supply Chains werden unterbrochen, und SLA’s können nicht eingehalten werden. Waren können teilweise nicht mehr ausgeliefert werden, weil die Läden auf staatliche Anordnung hin geschlossen sind oder das entsprechende Personal fehlt. Wir beobachten auch erhebliche Preissteigerungen, die mit geltenden Verträgen nicht vereinbar sind.

Transport und Logistikrecht

Luftfrachtkapazitäten sind durch das Einstellen der Passagiertransporte stark reduziert, doch in einigen Fällen haben die Passagierflugzeuge ihre Dienste verlagert, um der wachsenden Nachfrage nach Fracht gerecht zu werden. Für Fluggesellschaften, die ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, sei es als Passagier- oder als Frachtbeförderer, müssen die rechtlichen Konsequenzen auf der Grundlage der bestehenden Verträge sorgfältig geprüft werden. Ausschlaggebend sind dabei die Verträge mit den Lieferanten der Fluggesellschaften, die Flughäfen und die Transportmodalitäten von und zu den Flughäfen.

In der Seefracht sinken nicht nur die Frachtraten, die globale Verteilung der Container (Überkapazitäten in China) ist ein weiteres wachsendes Problem.

Der Strassentransport und Eisenbahntransport leidet unter den verschärften Zollbestimmungen auch innerhalb der EU (siehe unten), bildet aber weiterhin das Rückgrat der Logistik in Europa.

Logistik- und Transportleistungen selbst sind zwar bisher von behördlichen Anordnungen nur teilweise betroffen. In Nischensegmenten, wie der «Last Mile Delivery» können sich hier sogar gewisse Opportunitäten eröffnen.

Zollrecht/ Export Compliance

Gegenwärtig sind die Grenzen für den Warentransport noch immer offen und die Waren können noch immer deklariert werden, doch es gibt erste Anzeichen für Handelsbeschränkungen für medizinisches Material und Ausrüstung. Beispiele sind die von Deutschland, Italien und anderen EU-Mitgliedsstaaten in den vergangenen Wochen verhängten Exportverbote. Die Komplexität wird noch dadurch erhöht, dass die EU Vorschriften erlassen hat, die den freien Verkehr bestimmter Produkte innerhalb der Union vorschreiben, für deren Ausfuhr aus der Union jedoch eine Genehmigung erforderlich ist (Verordnung (EU) 2020/402), wodurch die von Deutschland und anderen Mitgliedstaaten auferlegten Handelsbeschränkungen wahrscheinlich ersetzt werden. Dies könnte in Zukunft auch auf andere Güter ausgeweitet werden, sobald solche in einzelnen Länder knapp werden.

Versicherung

Verzögerungen in den Lieferketten oder Annullationen von Aufträgen können zu Verspätungsschäden führen, zu Schäden aus Nichterfüllung von Verträgen bis hin zu Schäden aus einer behördlich angeordneten Betriebsschliessung. Der Bund hat zwar Hilfsmassnahmen in Aussicht gestellt, einige dieser Schäden werden jedoch auch durch eine Versicherung gedeckt. Wir empfehlen deshalb, die bestehenden Versicherungspolicen (insb. Epidemien-/Hygieneversicherungen, welche häufig in Sachversicherungen, All-Risk Versicherungen oder Betriebsausfallversicherungen inkludiert sind) genau durchzusehen. In Bezug auf die Deckung können sich schwierige Rechtsfragen stellen, da die Policen oft nicht auf die momentane Situation zugeschnitten sind, was aber nicht bedeutet, dass keine Deckung besteht. Bei allfälliger Deckung ist der Schaden so schnell wie möglich bei der Versicherung anzumelden. Die nicht rechtzeitig erfolgte Anzeige kann Kürzungen der Versicherungsleistungen oder sogar einen Deckungsausschluss nach sich ziehen.

Betreibung und Konkurs

Gegenwärtig hat der Staat in Betreibungs- und Konkursangelegenheiten einen ausserordentlichen Rechtsstillstand bis zum 19. April 2020 angeordnet (Rechtsstillstand zusätzlich Betreibungsferien um Ostern). In dieser Zeit können keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden. D.h. Zahlungsbefehle werden nicht zugestellt und es können auch keine Konkurse eröffnet werden. Immer noch können Schuldner aber mit einer Mahnung in Verzug gesetzt werden, sodass das Risiko für die Ware auf den Schuldner übergeht und Verzugszinsen anfallen (Force Majeure im Vertragsrecht). Ebenso können Verjährungsfristen durch das Einreichen von Betreibungsbegehren unterbrochen werden.

Fazit

Mit Blick auf die Pflege langfristiger Vertragsbeziehungen raten wir zum schnellen und konsequenten Handeln zur Sicherung der Rechtsposition, aber zu pragmatischen Lösungen, die der ausserordentlichen Lage gerecht werden. Ein angemessenes Vorgehen in der aktuellen Krisensituation kann eine Gelegenheit, Kundenbeziehungen langfristig zu sichern.

Ihr Team