23. August 2021

Was geschieht mit den Stoffen der Liste TAS?

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Das revidierte Heilmittelgesetz (HMG) ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat entschieden, die Arzneimittelabgabe zu liberalisieren und die bisherige Abgabekategorie C aufzuheben. Dies mit dem Ziel, die Selbstmedikation der Patienten zu erleichtern und die Fachkompetenz der Abgabestellen für Arzneimittel besser auszuschöpfen.

Das revidierte Heilmittelgesetz (HMG) ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat entschieden, die Arzneimittelabgabe zu liberalisieren und die bisherige Abgabekategorie C (Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen) aufzuheben. Dies mit dem Ziel, die Selbstmedikation der Patienten zu erleichtern und die Fachkompetenz der Abgabestellen für Arzneimittel (Apotheken und Drogerien) besser auszuschöpfen. Die Umteilung der Abgabekategorien hat sich dabei daran auszurichten, dass die Patientensicherheit nicht beeinträchtigt wird.

Die Revision des HMG und die damit einhergehenden neuen rechtlichen Anforderungen und Vorgaben erforderten eine grundlegende Überprüfung der Liste der dokumentierten traditionellen asiatischen Stoffe (sogenannte Liste TAS). Diese Liste enthält Stoffe, die in der asiatischen Medizin gebräuchlich und etabliert sind und die als Ausgangsstoffe für Arzneimittel der entsprechenden Therapierichtungen ohne Indikation dienen. Swissmedic führte diese Überprüfung im Rahmen des Projekts «Umteilung Abgabekategorie C» unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik durch. Die Evaluation und Neuzuteilung erfolgte vornehmlich gestützt auf die in den Arzneimittelinformationen verfügbaren Daten und anhand der am 31. Juli 2017 publizierten «Kriterienliste Umteilung von Arzneimitteln in andere Abgabekategorien» (soweit zutreffend und wissenschaftliche Daten vorgelegen haben) unter Berücksichtigung der gesammelten Meldungen. Die Evaluation und Neuzuteilung erfolgte auch unter Einbezug externer Expertinnen und Experten, deren erklärtes Ziel es war, die Liste TAS als Gesamtes zu erhalten und alle Mittel der Liste TAS, die bis anhin in der Abgabekategorie C waren, in die Abgabekategorie D umzuteilen, damit sie weiterhin ohne ärztliches Rezept nach Fachberatung abgegeben werden dürften.

Nachdem die Swissmedic am 7. Oktober 2020 Erkenntnisse der Evaluation in einem Bericht im Sinne einer Vorabinformation veröffentlichte, publizierte Swissmedic schliesslich mit einigen Verzögerungen am 1. Juli 2021 die finale, überarbeitete Liste TAS

Die wesentlichen Änderungen stellen wir Ihnen hier vor:

  • Die Stoffbezeichnungen und Stammpflanzen wurden an die Vorgaben der Monographien der Ph. Eur. oder der Chinesischen Pharmakopöe (PPRC) angepasst. Eine zusätzliche Spalte «Monographie» wurde in die Liste eingefügt. Stoffe, für welche gar keine offizielle Arzneibuchmonographie (Ph. Eur., Chinesischen Pharmakopöe [PPRC]) zur Qualität vorhanden ist oder deren Vorbehandlung in keiner solchen beschrieben ist, erfüllen die gesetzlichen Anforderungen nach Art. 32 KPAV nicht und wurden demnach aus der Liste TAS gestrichen (dies betrifft 16 Stoffe gesamthaft).
  • An der Spalte «Hinweise zur Anwendung und Sicherheit» wurden diverse Korrekturen und Präzisierungen der Warnhinweise vorgenommen wie etwa bei Stoffen, die einen möglichen Einfluss auf die Blutstillung und Blutgerinnungsfähigkeit haben oder die Lichtempfindlichkeit der Haut beeinflussen können (vgl. mehr hierzu u.a. in Kapitel 3 des Berichts von Swissmedic). Ebenso wurden gewisse Anwendungseinschränkungen (beispielsweise orientierende oder gegebenenfalls verbindliche Maximaldosierung, etc.) eingefügt und redundante Angaben gestrichen. Bericht von Swissmedic
  • Bei den Arzneimitteln ohne Indikation muss künftig der unter Ziffer 2 des Anhangs 5.4 zur Arzneimittel-Zulassungsverordnung (AMZV) für die Patienteninformation asiatischer Arzneimittel ohne Indikation vorgegebene Fixtext zwingend auch auf die Packmittel als besonders hervorgehobener Hinweis («boxed-warning») aufgenommen werden. Dies da sichergestellt werden muss, dass das Arzneimittel nach den einschlägigen asiatischen Therapieprinzipien angewendet wird, um dessen empirische Unbedenklichkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
  • Die Hochstufung von Stoffen anhand der Kriterienliste in die Abgabekategorie B war in vier Fällen begründbar, namentlich bei den Stoffen Borneolum (syn. d-Borneolum) (tian ran bing pian) und Cremastrae pseudobulbus (syn. Pleiones pseudobulbus) (shan ci gu) sowie Ephedrae herba (ma huang) und Ephedrae herba praeparata (zhi ma huang). Die ersten beiden Stoffe waren bisher in Abhängigkeit von der Art ihrer Anwendung (oral und topisch) in unterschiedliche Abgabekategorien eingeteilt. Während die orale Anwendung bereits bisher nur unter ärztlicher Aufsicht erlaubt (Abgabekategorie B alt) war, wurde die äusserliche Anwendung aus Sicherheitsgründen nun ebenfalls in die Abgabekategorie B hochgestuft. Die beiden anderen Stoffe wurden aufgrund des relevanten Gehalts an Ephedrin in die Abgabekategorie B hochgestuft. Sie enthalten nun den Hinweis «enthält u.a. Ephedrin, Grenzwerte beachten».
  • In allen übrigen Fällen erfolgte eine Umteilung von der Abgabekategorie C in die Abgabekategorie D. Hierfür wurde bei gewissen Arzneimitteln die Erfüllung gewisser Auflagen vorausgesetzt, ansonsten die betroffenen Präparate in die Abgabekategorie B hochgestuft worden wären. Unter Auflagen sind zum Beispiel die Aufnahme eines Warnhinweises und/oder Textanpassungen zu verstehen. Dies da in die Abgabekategorie D hinunteruntergestufte Arzneimittel der früheren Abgabekategorie C neu nach blosser Fachberatung durch eine Ärztin oder Arzt, einer Apothekerin oder Apotheker oder eine andere Medizinalperson abgegeben werden dürfen und Drogerien künftig alle diese Arzneimittel ohne Verschreibungspflicht abgeben können.

Jene Arzneimittel, welche bisher der Abgabekategorie C angehörten und in die Abgabekategorie B hochgestuft wurden und damit nun eigentlich verschreibungspflichtige Arzneimittel darstellen, können künftig zwar grundsätzlich von Apothekerinnen und Apothekern ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden, wobei die Abgabe ungeachtet dessen zu dokumentieren ist. Zu beachten ist aber, dass die Abgabe bzw. Verschreibung der Stoffe Ephedrae herba (ma huang) und Ephedrae herba praeparata (zhi ma huang) in Zukunft ausschliesslich durch einen Arzt bzw. eine Ärztin erfolgen darf.

Die Neuregelung der Selbstmedikation und die Neueinteilung der Stoffe der Liste TAS von der Abgabekategorie C in die Abgabekategorien B und D hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf den Kreis der abgabeberechtigten Personen. Sie wirkt sich ausserdem auf die zulässigen Formen der Arzneimittel-Werbung aus. Denn für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist Publikumswerbung, d.h. Werbung gegenüber den Konsumenten bzw. der breiten Öffentlichkeit, grundsätzlich untersagt (vgl. Art. 32 Abs. 2 lit. a HMG und Art. 14 AWV). Die Patienten dürfen daher die neu in die Abgabekategorie B eingeteilten Stoffe nicht mehr sehen, da sie hierdurch zum Kauf oder zur Anwendung «eingeladen» werden könnten. Ein solche sichtbare Platzierung gilt bereits als (verbotene) Publikumswerbung für rezeptpflichtige Arzneimittel.

Wir beraten Sie gerne bei Fragen rund um die Teilrevision des Heilmittelrechts (insbesondere die Auswirkungen der Umteilung auf die Praxis von Apotheken, TCM-Therapeuten und Drogerien) und unterstützen Sie bei der Umsetzung Ihrer Marketing-Strategie.