22. Dezember 2023

Ein kurzer Überblick zum neuen Stiftungsrecht ab 2024

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Änderungen im Stiftungsrecht ermöglichen etwas mehr Flexibilität

Die Schweiz gilt weltweit als ein beliebter und traditioneller Standort für Stiftungen. Allein im Kanton Zürich haben mehr als 2000 Stiftungen mit einem geschätzten Gesamtvermögen von 18 Milliarden ihren Sitz. Auch der Kanton Zug ist als Standort beliebt und verzeichnet eine stetige Zunahme von neuen Stiftungen insbesondere im FinTech- und Blockchain-Bereich.

Am 1. Januar 2023 passte der Gesetzgeber im Rahmen der Aktienrechtsrevision das Stiftungsrecht im Bereich der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (vgl. dazu Art. 84a ZGB; Thomas Müller, Neues Stiftungsrecht: Stärkung des Gläubigerschutzes (Art. 84a ZGB)?, in: Jusletter 11. September 2023) und der Offenlegung von Vergütungen (Art. 84b ZGB) an.

Mit dem Ziel, die bereits vorteilhaften Rahmenbedingungen im Schweizer Stiftungswesen zu erweitern, wurde daher im Jahr 2014 eine parlamentarische Initiative eingereicht. Das Parlament beschloss daraufhin im Jahr 2021 eine entsprechende Revision des Stiftungsrechts, sodass nun das revidierte Stiftungsrecht am 1. Januar 2024 mit den folgenden Änderungen in Kraft treten wird.

Weitere Gesetzesänderungen könnten folgen. Im Moment ist die Motion von Thierry Burkart im Parlament pendent. Die Motion von Thierry Burkart sieht die Aufhebung des Verbots von Unterhaltsstiftungen vor (Art. 335 ZGB). Der Ständerat hat die Motion im Dezember 2023 angenommen und nun liegt das Geschäft beim Nationalrat zur Debatte.

Für das kommende Jahr ist folgendes neues Recht zu beachten:

Ausdehnung des Änderungsvorbehalts (Art. 86a nZGB)

Neu können Stiftende sich allfällige künftige Organisationsänderungen in der Stiftungsurkunde oder in der Verfügung von Todes wegen vorbehalten. Das bisherige Recht hatte lediglich einen Vorbehalt für Änderungen des Stiftungszweckes vorgesehen. Im bisherigen Stiftungsrecht war aber ausnahmsweise eine Änderung der Stiftungsorganisation möglich gewesen, falls diese für das Erhalten des Stiftungsvermögens oder die Wahrung des Stiftungszweck dringend erforderlich war.

Gemäss Art. 86a nZGB können nun Stiftende die Organisation der Stiftung flexibler und gezielter an veränderte Umstände anpassen. So können Stiftende mittels Organisationsänderung beispielsweise neue Stiftungsorgane einsetzen, die bestehende Regelung zur Verwaltung des Stiftungsvermögens revidieren, wie auch eine Stiftung, welche ursprünglich auf die Ewigkeit bestimmt wurde, zur Verbrauchsstiftung umwandeln. Wobei wie bisher bei einer Zweckänderung beachtet werden muss, dass für eine Organisationsänderung mindestens zehn Jahre zwischen der Stiftungserrichtung oder einer früheren Organisationsänderung liegen müssen. Zudem kann eine Organisationsänderung nur durch die Stiftenden selbst beantragt werden. Ebenfalls können nur neue Stiftungen von dieser zusätzlichen Vorbehaltsmöglichkeit profitieren.

Vereinfachung von Änderungen der Stiftungsurkunde (Art. 86b nZGB)

Zukünftig können unwesentliche Änderungen an der Stiftungsurkunde getroffen werden, wenn diese aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheinen und dadurch keine Rechte von Dritten beeinträchtigt werden. Bisher waren dafür «triftige» sachliche Gründe erforderlich gewesen.

In Art. 86c nZGB wird zudem neu festgelegt, dass Änderungen an der Stiftungsurkunde nach den Artikeln 85-86b ZGB ohne öffentliche Beurkundung erfolgen und diese durch die zuständigen Aufsichtsbehörden verfügt werden.

Gesetzlich geregelte Stiftungsaufsichtsbeschwerde (Art. 84 Abs. 3 nZGB)

Neu wird ein abschliessender Katalog von beschwerdeberechtigen Personen (Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, Stifter, Zustifter, wie auch ehemalige und aktuelle Stiftungsräte) eingeführt, welche gegen statutenwidrige- oder rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben können. Diese Stiftungsaufsichtsbeschwerde war im bisherigen Recht explizit nicht geregelt und der neue abschliessende Katalog der beschwerdeberechtigten Personen wurde bereits durch die Lehre kritisch beleuchtet (weitere Erläuterungen zur Stiftungsaufsichtsbeschwerde finden Sie in unserem früheren Magazinbeitrag).

Würdigung

Die Revision bringt mit den überschaubaren Änderungen zwar gewisse Erleichterungen und ein wenig mehr Flexibilität, jedoch wird sich dadurch am traditionellen Stiftungswesen in der Schweiz wohl kaum spürbar etwas ändern. Das gilt auch für das neue Recht, das zu Beginn 2023 in Kraft gesetzt wurde – nach wie vor fehlt es an griffigen Regeln zum Kapital- und Gläubigerschutz und der Haftung des Stiftungsrates. Die Förderung der Familienstiftung (Motion Burkart) geht in die richtige Richtung – der Revisionsbedarf geht aber über diese Thematik hinaus. Das MME-Stiftungsrechtsteam setzt sich deshalb für eine umfassende Revision und Liberalisierung des Schweizer Stiftungsrechts ein.

Unser Stiftungsrechtsteam steht Ihnen an unseren beiden Standorten Zürich und Zug gerne zur Seite, falls Sie eine entsprechende Beratung im Stiftungsrecht wünschen.