09. Oktober 2019

Stolpersteine bei Änderungskündigungen

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Anpassungen von Arbeitsverträgen an geänderte wirtschaftliche und betriebliche Verhältnisse sind gerade in der heutigen Zeit des schnellen Wandels immer wieder ein Thema. Werden in diesem Zusammenhang Änderungskündigungen ausgesprochen, muss allerdings Vorsicht gewahrt werden.

Anpassungen von Arbeitsverträgen an geänderte wirtschaftliche und betriebliche Verhältnisse sind gerade in der heutigen Zeit des schnellen Wandels immer wieder ein Thema. Werden in diesem Zusammenhang Änderungskündigungen ausgesprochen, muss allerdings Vorsicht gewahrt werden: nicht jede Änderungskündigung ist rechtens.

Was ist eine Änderungskündigung?

Im Grundsatz gilt: der Inhalt eines Arbeitsvertrages kann nicht einseitig abgeändert, insbesondere nicht verschlechtert werden. Dennoch gibt es Situationen, in welchen Arbeitgeber das Bedürfnis haben, eine Vertragsänderung schnell und effizient zu vollziehen. Sie bedienen sich dafür häufig – wissentlich oder unwissentlich – des Instrumentes der Änderungskündigung.

Die Änderungskündigung bezweckt in erster Linie nicht, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Vielmehr soll der Arbeitsvertrag angepasst und in neuer Gestalt weitergeführt werden. Dementsprechend gibt es verschiedene Erscheinungsformen einer Änderungskündigung:

1. Die Arbeitgeberin kündigt das Arbeitsverhältnis und unterbreitet dem Arbeitnehmer gleichzeitig eine neue Vertragsofferte. Nimmt der Arbeitnehmer die Offerte an, gelten die Regeln des neuen Arbeitsvertrages. Lehnt er sie ab, ist die Kündigung rechtswirksam

2. Die Arbeitgeberin spricht eine bedingte Kündigung aus: die Kündigung soll nur gelten, wenn der Arbeitnehmer der Vertragsänderung nicht zustimmt.

3. Die Arbeitgeberin legt zunächst eine Offerte für eine Vertragsänderung vor. Erst wenn der Arbeitnehmer die Offerte ablehnt, spricht die Arbeitgeberin die Kündigung aus. Die Kündigungsandrohung liegt oft schon beim Vorlegen der neuen Offerte vor – der Arbeitnehmer weiss also meistens, was ein Ablehnen der Offerte für eine Folge hat.

Wann ist eine Änderungskündigung zulässig?

Mit der Änderungskündigung setzt die Arbeitgeberin Druck auf den Arbeitnehmer aus: entweder er akzeptiert die neuen Bedingungen, oder das Arbeitsverhältnis endet. Trotz dieser Druckausübung gilt die Änderungskündigung grundsätzlich als zulässig. Überschreitet die Druckausübung allerdings das zulässige Mass, liegt eine missbräuchliche Änderungskündigung vor. Die Konsequenz ist, dass der Arbeitnehmer eine Entschädigung von bis zu sechs Netto-Monatslöhnen verlangen kann.

Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 123 III 246) gilt eine Änderungskündigung als missbräuchlich, wenn

  • die Position des Arbeitnehmers durch die Änderung verschlechtert wird;
  • die Verschlechterung unbillig ist; und
  • keine betrieblichen oder marktbedingten Gründe die Vertragsänderung rechtfertigen.

Dabei gilt: Je weniger einschneidend die vertragliche Änderung, desto geringer sind auch die Anforderungen an die betrieblichen oder marktbedingten Rechtfertigungsgründe. Ebenfalls nicht als unbillig gilt eine Kündigung in Bezug auf eine erhebliche Änderung, welche der Arbeitnehmer durch sein Verhalten veranlasst hat.

Wichtig ist, dass auch bei einer Änderungskündigung die Kündigungsfristen eingehalten werden. Eine Änderung kann rechtmässig erst auf den nächstmöglichen Kündigungstermin in Kraft treten. Relevant ist dabei der Zeitpunkt des Ablaufs der Bedenkfrist für den Arbeitnehmer. Versucht die Arbeitgeberin die Änderung auf einen früheren Termin durchzusetzen, liegt eine unbillige Druckausübung vor, die missbräuchlich ist.

Daneben gibt es noch weitere Szenarien, in denen eine Änderungskündigung als missbräuchlich angesehen wird. So liegt Missbräuchlichkeit beispielsweise auch vor:

  • wenn der Arbeitnehmer einen ihm angebotenen Arbeitsvertrag abgelehnt hat, welcher gegen gesetzliche Normen oder einen anwendbaren Gesamt – oder Normalarbeitsvertrag verstossen würde und die Arbeitgeberin deshalb kündigt; oder
  • wenn dem Arbeitnehmer zu wenig Bedenkzeit gewährt wird.

Die Liste ist nicht abschliessend, doch soll damit eine Idee aufgezeigt werden, wann Änderungskündigungen missbräuchlich sein können. Dabei gilt wie immer: die Umstände des Einzelfalls sind entscheidend.

Darf eine Änderungskündigung während der Krankheit des Arbeitnehmers ausgesprochen werden?

Der zeitliche Kündigungsschutz gilt auch bei der Änderungskündigung: Eine während einer Sperrfrist (z.B. infolge Krankheit, Schwangerschaft, Militärdienst, etc.) ausgesprochene Änderungskündigung ist nichtig, wobei die Nichtigkeit nur die Kündigung, nicht aber die Änderungsofferte selbst betrifft. Daher ist es andererseits auch zulässig, während einer Sperrfrist eine Vereinbarung über eine Vertragsänderung zu treffen.

 

Aufgepasst bei Massenänderungskündigungen

Es kommt häufig vor, dass eine Arbeitgeberin nicht nur ein Arbeitsverhältnis umgestalten möchte, sondern beispielsweise im Rahmen einer Reorganisation oder Harmonisierung der Arbeitsverträge gleich mehrere. Dabei ist zu beachten, dass je nach Anzahl der von einer Änderungskündigung betroffenen Personen die Vorschriften über die Massenentlassung (Art. 335d – 335k OR) Anwendung finden. Dies kann bei Vorliegen von sachlichen Gründen durch eine gestaffelte Vertragsänderung vermieden werden.

Fazit

Bei Änderungskündigungen ist Vorsicht geboten. Wird eine Verschlechterung der Position des Arbeitnehmers ohne sachliche Rechtfertigung herbeigeführt, oder wird bei Vorlage der Offerte die Kündigungsfrist nicht eingehalten, besteht die Gefahr, dass die Kündigung als missbräuchlich eingestuft wird. Bestehen aber betriebliche oder marktbedingte Gründe, kann die Änderungskündigung ein effizientes Mittel zur Anpassung eines Vertragsverhältnisses an veränderte Umstände sein.