09. Juni 2020

Private Steuerplanung - Darlehen

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Die steuerlichen Grundsätze für Obligationen gelten gemäss Bundesgericht auch für Einzeldarlehen. Das Bundesgericht weitet die für Obligationen geltenden steuerlichen Grundsätze auf (Einzel-) Darlehen aus. Marchzinsen (intérêts courus) bei (Einzel-)Darlehen ohne überwiegende Einmalverzinsung im Privatvermögen qualifizieren als steuerfreien Kapitalgewinn.

Das Bundesgericht hatte neulich die Frage zu beurteilen (Urteil vom 20. April 2020, 2C_743/2019), ob die vom Verkäufer vereinnahmte Gegenleistung für die Veräusserung des Anspruches auf aufgelaufenen Darlehenszins (d.h. Marchzinsen) als steuerbares Einkommen oder als steuerfreier privater Kapitalgewinn zu qualifizieren ist. Bis anhin hatte sich das Bundesgericht zu dieser Frage nur bei sogenannten Obligationen, jedoch noch nie bei Darlehen geäussert.

Grundsätze

Die Erträge aus beweglichem Vermögen und namentlich Zinsen aus Guthaben aller Art sind steuerbar. Die Gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen (Kapitalgewinne) sind hingegen steuerfrei.

Gemäss Kreisschreiben Nr. 15 (Obligationen und derivative Finanzinstrumente) der Eidg. Steuerverwaltung ist zwischen (1) Obligationen ohne überwiegende Einmalverzinsung und (2) Obligationen mit überwiegender oder ausschliesslicher Einmalverzinsung zu unterscheiden.

Obligationen sind schriftliche, auf feste Beträge lautende Schuldanerkennungen, die zwecks kollektiver Beschaffung von Fremdkapital, kollektiver Anlagegewährung oder Konsolidierung von Verbindlichkeiten in einer Mehrzahl von Exemplaren zu gleichartigen Bedingungen ausgegeben werden und dem Gläubiger zum Nachweis, zur Geltendmachung oder zur Übertragung der Forderung dienen.

Obligationen ohne überwiegende Einmalverzinsung

Zinsen in periodischer Form oder in der Form von Einmalentschädigungen auf Obligationen stellen Vermögensertrag dar. Zinsen in periodischer Form werden nach dem allgemeinen Fälligkeitsprinzip, Einmalentschädigungen im Zeitpunkt der Rückzahlung besteuert.

Nicht unter die steuerbaren Erträgnisse fallen die sogenannten Marchzinsen (intérêts courus). Sie sind Bestandteil des vom Käufer an den Verkäufer der Obligation bezahlten Kaufpreises. Unter Marchzinsen sind aufgelaufene, noch nicht fällige Zinsforderungen zu verstehen, wie sie für die Zeit vom Fälligkeitsdatum des letzten eingelösten Coupons bis zum Verkauf der betreffenden Obligation auflaufen.

Der zu erwartende Ertrag erhöht den Wert der Obligation. Marchzinsen unterliegen nicht der Einkommenssteuer. Ein Entgelt für diesen Mehrwert ist deshalb als Kapitalgewinn anzusehen. Erst am Fälligkeitstag wird diese Anwartschaft dann zu einem festen Anspruch. Dass Zinsen von Obligationen erst Einkommen darstellen und als solches der Einkommenssteuer unterliegen, wenn sie fällig werden und mithin ein Rechtsanspruch auf sie besteht, entspricht der langjährigen Praxis.

Obligationen mit überwiegender oder ausschliesslicher Einmalverzinsung

Allfällige periodische Zinsen stellen steuerbaren Vermögensertrag dar. Des Weiteren gelangen sämtliche tatsächlichen Einkünfte (inklusive Marchzinsen) bei Veräusserung oder Rückzahlung der Obligation zur Besteuerung (sogenannte reine Differenzbesteuerung). Massgeblich ist die Differenz zwischen Anschaffungsbetrag und Verkaufs- / Rückzahlungsbetrag. Steuerlich wirksam werden damit insbesondere die vom Käufer an den Verkäufer bezahlten aufgelaufenen Zinsen sowie die allfälligen Wechselkursschwankungen.

Bedeutung des Urteils

Mit dem Urteil bestätigt das Bundesgericht erneut die Steuerfreiheit der Marchzinsen bei Obligationen. Ferner weitet das Bundesgericht die Anwendung der oben dargelegten steuerlichen Grundsätze der Obligationen auf (Einzel-)Darlehen aus. Dies bedeutet, dass Marchzinsen bei (Einzel-)Darlehen ohne überwiegende Einmalverzinsung steuerfreien Kapitalgewinn bilden (unter Vorbehalt einer allfälligen Steuerumgehung). Diese Ausweitung der Anwendung der Grundsätze über die Obligationen hinaus ist eine positive Entwicklung und gibt weitere Rechtssicherheit in der privaten Steuerplanung mit (Einzel-)Darlehen.

Massnahmen

Aufgrund des Urteils des Bundesgerichts ist bei neuen (und bestehenden) Darlehen von und an in der Schweiz ansässige Privatpersonen darauf zu achten, dass die für Steuerzwecke relevanten Bestimmungen im Darlehensvertrag wie Zeitpunkt der Fälligkeit der Zinsen, Darlehensbetrag, Rückzahlungsbetrag, Zeitpunkte etc. klar formuliert werden. Damit kann die zukünftige steuerliche Behandlung aktiv gesteuert werden.

Gerne beantwortet MME allfällige Fragen und unterstützt bei der Ausarbeitung von Darlehensverträgen.