30. Oktober 2020

Revidierte ICC-Schiedsgerichtsordnung 2021

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Der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) hat seine neuen Schiedsgerichtsregeln vorgestellt, die am 1. Januar 2021 in Kraft treten werden. Die angepassten Regeln sind ein weiterer Schritt hin zu mehr Effizienz, Flexibilität und Transparenz.

Übersicht

Der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) hat seine neuen Schiedsgerichtsregeln ("2021-Regeln") vorgestellt, die am 1. Januar 2021 in Kraft treten werden. Wie der Präsident des Schiedsgerichtshofs, Alexis Mourre, erklärte, sind die angepassten Regeln ein weiterer Schritt hin zu mehr Effizienz, Flexibilität und Transparenz und machen die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit sowohl für grosse, komplexe Schiedsverfahren als auch für kleine Fälle noch attraktiver.

Wichtigste Änderungen

Zu den wichtigsten Änderungen gehören die folgenden:

  • Einbeziehung und Verbindung: Artikel 7(5) der 2021-Regeln erlaubt die Einbeziehung zusätzlicher Parteien im Laufe eines Schiedsverfahrens; d.h. sogar nach der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters. Darüber hinaus wurde Artikel 10(b) geändert, um die Verbindung von Schiedsverfahren auch bei verschiedenen Parteien zu ermöglichen.
  • Offenlegung von Drittparteifinanzierungen: Artikel 11(7) der 2021-Regeln legt fest, dass jede Partei unverzüglich über alle nicht parteigebundenen Finanzierungsvereinbarungen informieren muss.
  • Ernennung des Schiedsgerichts: Artikel 12(9) der 2021-Regeln erlaubt es dem Schiedsgerichtshof – in Ausnahmefällen – jedes Mitglied des Schiedsgerichts zu ernennen (auch wenn in der Schiedsvereinbarung eine andere Ernennungsmethode vorgesehen ist). Dies jedoch nur um ein erhebliches Risiko der Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit zu vermeiden, welches die Gültigkeit des Schiedsspruchs beeinträchtigen könnte.
  • Parteienvertretung und Interessenkonflikte: Artikel 17(2) der 2021-Regeln ermächtigt das Schiedsgericht, alle erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um einen Interessenkonflikt eines Schiedsrichters zu vermeiden, der sich aus einer Änderung der Parteivertretung ergibt. Dies beinhaltet auch den Ausschluss neuer Parteivertreter von der vollständigen oder teilweisen Teilnahme am Schiedsverfahren.
  • Erweiterung der Regeln für das Beschleunigte Verfahren: Die in Artikel 30 und Anhang VI statuierten Regeln für das Beschleunigte Verfahren wurden in Bezug auf ihren Anwendungsbereich erweitert. In den 2021-Regeln wird der Schwellwert für die Anwendung des Beschleunigten Verfahrens von USD 2 Millionen auf USD 3 Millionen angehoben.
  • Virtuelle Hearings: Gemäss Artikel 26(1) der 2021-Regeln kann das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien entscheiden, dass ein virtuelles Hearing per Videokonferenz, Telefon oder unter Verwendung anderer geeigneter Kommunikationsmittel durchgeführt wird.
  • Ergänzende Schiedssprüche: Darüber hinaus führen die 2021-Regeln in Artikel 36(3) eine Bestimmung über ergänzende Schiedssprüche ein. Ein ergänzender Schiedsspruch kann erlassen werden, falls das Schiedsgericht im Schiedsspruch auf gewisse im Schiedsverfahren erhobene Ansprüche nicht eingegangen ist.


Schlussfolgerungen

Die neuen 2021-Regeln der ICC bringen zwar keine seismischen Verschiebungen mit sich, sie enthalten aber dennoch nennenswerte Neuerungen. Die neuen Bestimmungen werden die Transparenz und Effizienz weiter erhöhen und den Schutz der Verfahrensintegrität verbessern. Nach der Überarbeitung der LCIA-Regeln ist die ICC die zweite grosse Schiedsinstitution, die ihre Regeln nach dem Ausbruch der globalen COVID-19-Pandemie aktualisiert hat. Vor dem Inkrafttreten der 2021-Regeln wird die ICC zudem eine aktualisierte Fassung ihres Merkblatts für die Parteien und das Schiedsgericht über die Durchführung des Schiedsverfahrens veröffentlichen.