Die andauernde Niedrigzinsphase und die verschärften Anforderungen des Swiss Solvency Tests (SST) an die Kapitalisierung führen dazu, dass Versicherer vermehrt ihre Bestände nach nicht profitablem oder kapitalintensivem Geschäft durchkämmen und als Folge das unrentable Geschäft nicht mehr zeichnen (Run-Off).
Die andauernde Niedrigzinsphase und die verschärften Anforderungen des Swiss Solvency Tests (SST) an die Kapitalisierung führen dazu, dass Versicherer vermehrt ihre Bestände nach nicht profitablem oder kapitalintensivem Geschäft durchkämmen und als Folge das unrentable Geschäft nicht mehr zeichnen (Run-Off). Um die versicherungstechnischen Rückstellungen in den Büchern zu verringern, wird die aktive Reduzierung von Run-Off Portfolien immer beliebter. Dies kann durch eine Gesellschafts-, Bestandes- oder Vermögensübertragung geschehen. Hierbei wird der Run-Off Bestand für den übertragenden Versicherer endgültig abgewickelt. Eine weitere Möglichkeit stellt die (retrospektive) Rückversicherung des Geschäfts dar, eine rein bilanztechnische Bereinigung des Run-Off Bestandes. Im Folgenden soll auf den Portfoliotransfer und die Vermögensübertragung näher eingegangen werden.
Portfoliotransfer
Für die Übertragung eines schweizerischen Versicherungsportfolios (darunter ist die Gesamtheit der von einem Versicherungsunternehmen eingegangenen und noch laufenden Versicherungsverträge mit in der Schweiz domizilierten Versicherungsnehmern zu verstehen) ist Art. 62 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) einschlägig1. Eine solche Übertragung bedarf der Bewilligung durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA). Die FINMA bewilligt die Übertragung des Versicherungsportfolios, wenn die Interessen der Versicherten insgesamt gewahrt sind. Dabei werden sowohl die Interessen der Versicherungsnehmer des übertragenen Portfolios als auch jene der übrigen Versicherungsnehmer des übertragenden und übernehmenden Versicherungsunternehmens miteinbezogen. Mit der Bewilligung gehen die entsprechenden Versicherungsverträge (ausgenommen allfällige Rückversicherungsverträge zur Deckung der Risiken aus dem übertragenen Versicherungsportfolio, für welche jeweils die Zustimmung des jeweiligen Rückversicherers erforderlich ist) von Gesetzes wegen mittels Universalsukzession auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über. Eine Zustimmung der von der Übertragung betroffenen Versicherungsnehmer ist für die Übertragung nicht erforderlich. Im Gegenzug steht den mit der Übertragung nicht einverstandenen Versicherungsnehmern ein Kündigungsrecht zu.
Zum übertragenen Versicherungsportfolio gehören die entsprechenden versicherungstechnischen Rückstellungen. Im Rahmen der Übertragung des Portfolios muss das übernehmende Versicherungsunternehmen entsprechende Rückstellungen bilden und das übertragende Versicherungsunternehmen diese auflösen. Dementsprechend gehen die Werte des gebundenen Vermögens (oder entsprechende Werte) von Gesetzes wegen mittels Universalsukzession auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über, soweit die FINMA nichts anderes anordnet.
Die wesentlichen Punkte des Portfoliotransfers sind zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Versicherungsunternehmen im Rahmen eines Übertragungsvertrages zu regeln. Dazu gehören insbesondere die Umschreibung des betroffenen Versicherungsportfolios (Inventarisierung), Übertragungszeitpunkt, Kaufpreis, Regelungen zu den technischen Rückstellungen und dem gebundenen Vermögen sowie Zuständigkeitsabgrenzung für die Schadenerledigung.
Wird die Übertragung des Versicherungsportfolios durch die FINMA bewilligt, ist das übernehmende Versicherungsunternehmen verpflichtet, die übernommenen Versicherungsnehmer innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung der Bewilligung individuell über die Übertragung sowie über das Kündigungsrecht zu informieren. Die Versicherungsnehmer haben das Recht, den Versicherungsvertrag innerhalb von 3 Monaten nach der individuellen Information zu kündigen, soweit die FINMA nicht ausnahmsweise den Ausschluss des Kündigungsrechts verfügt.
Vermögensübertragung
In der Praxis besteht zumeist das Bedürfnis, zusammen mit dem zu übertragenden Versicherungsportfolio auch die für die Verwaltung des Versicherungsportfolios notwendige Infrastruktur (Policenverwaltungssysteme etc.) und weitere damit zusammenhängende Aktiven und Passiven auf das übernehmende Versicherungsunternehmen mitzuübertragen. Eine derartige Transaktion, bei der nebst Versicherungsverträgen auch andere Vermögensbestandteile übertragen werden sollen, richtet sich gewöhnlich nach den Regeln zur Vermögensübertragung gemäss Fusionsgesetz (FusG; Art. 69 ff. FusG).
Wie beim Portfoliotransfer gemäss Art. 62 VAG ist auch bei der Vermögensübertragung nach FusG der Abschluss eines Übertragungsvertrages zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Versicherungsunternehmen erforderlich, der insbesondere ein Inventar der zu übertragenden Gegenstände des Aktiv- und des Passivvermögens enthält. Die Vermögensübertragung wird mit der Eintragung ins Handelsregister rechtswirksam. Mit dem Eintrag gehen alle im Inventar aufgeführten Aktiven und Passiven von Gesetzes wegen mittels Universalsukzession auf das übernehmende Versicherungsunternehmen über. Dies gilt grundsätzlich auch für die im Inventar aufgeführten Verträge, einschliesslich Versicherungsverträge. Eine Zustimmung ist nach herrschender Lehre nicht erforderlich.
Es stellt sich die Frage wie bei einer derartigen Transaktion, bei der nebst Versicherungsverträgen auch andere Vermögensbestandteile übertragen werden sollen, die Bestimmungen von Art. 62 VAG (insbesondere FINMA Bewilligungspflicht, Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers) mitzuberücksichtigen sind. Nach Auffassung der FINMA bedarf auch die Vermögensübertragung unter Einbezug von Versicherungsverträgen der vorgängigen Bewilligung, wobei die Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung denjenigen beim Portfoliotransfer entsprechen. Somit gehen die Versicherungsverträge durch Vermögensübertragung mit der Eintragung im Handelsregister über, wobei vorgängig die Bewilligung der FINMA eingeholt werden muss. Dies ist sachgerecht, sind die Versicherungsnehmer bei der Vermögensübertragung doch nicht weniger schutzbedürftig als bei einem reinen Portfoliotransfer. Nach herrschender Lehre steht den Versicherungsnehmern hingegen, anders als beim reinen Portfoliotransfer, bei einer Vermögensübertragung unter Einbezug von Versicherungsverträgen kein Kündigungsrecht zu. Dies deshalb, weil ein solches Kündigungsrecht die Versicherungsnehmer ungerechtfertigterweise gegenüber den übrigen Vertragspartnern des übertragenden Versicherungsunternehmens privilegieren würde.
Fazit
Run-Offs sowie deren aktives Management gewinnen für Versicherungsunternehmen an Bedeutung. Eine der Möglichkeiten, den Run-Off endgültig abzuwickeln, bietet der Portfoliotransfer und die Vermögensübertragung. Während für den Fall des reinen Portfoliotransfers Art. 62 VAG einschlägig ist, richtet sich die oftmals einem praktischen Bedürfnis entsprechende Variante, wonach zusätzlich zu dem zu übertragenden Versicherungsportfolio auch die damit zusammenhängenden Aktiven und Passiven mitübertragen werden sollen, grundsätzlich nach den Regeln zur Vermögensübertragung gemäss FusG. Dabei gilt es zu beachten, dass nach Auffassung der FINMA auch die Vermögensübertragung unter Einbezug von Versicherungsverträgen der vorgängigen Bewilligung durch die FINMA bedarf. Im Gegensatz zur Rechtslage beim reinen Portfoliotransfer, soll den von einer Übertragung betroffenen Versicherungsnehmern im Rahmen einer Vermögensübertragung allerdings kein Kündigungsrecht zustehen.
1 Art. 62 VAG findet keine Anwendung auf den in diesem Beitrag nicht weiter behandelten ausländischen Portfoliotransfer.