30. Januar 2019

ESG - EU Regulierung zur Nachhaltigkeit für die Finanzbrache

  • Artikel
  • Compliance
  • Legal
  • Governance / ESG

In der EU müssen Versicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung die regulatorischen Vorgaben zu nachhaltigen Kapitalanlagen umsetzen.

Manchem in der Finanzbranche ist es noch nicht bewusst, doch es wird immer deutlicher: Das Thema Nachhaltigkeit ist das nächste grosse Ding. Namentlich die sogenannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unter-nehmensführung) werden schon jetzt immer konsequenter von Vermögensverwaltern, Fonds und Versicherern in die Anlage- und Risikoprozesse einbezogen. Das ist nicht nur dem sich wandelnden Bewusstsein und dem Bedürfnis der Anleger geschuldet, mit gutem Gewissen Geld investieren zu können. Es geht auch darum, regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Und da tut sich in der EU Einiges.

 

Regulatorische Neuerungen zur Nachhaltigkeit in der EU und Deutschland

Im Fokus stehen die im Mai vergangenen Jahres veröffentlichten Legislativvorschläge der Europäischen Kommission, die Mitte Januar 2019 zum Teil schon in nationales Recht umgesetzt wurden oder demnächst konkret Gestalt annehmen. Aber auch Vorschriften der Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV-II-Richtlinie) gewinnen für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung an Bedeutung.

Die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission und auch die EbAV-II-Richtlinie enthalten für Pensionskassen und Pensionsfonds verschärfte Anforderungen zum Thema Nachhaltigkeit. Die Gesetzgebungsvorschläge umfassen Regelungen zu Investoren-pflichten und Offenlegungsanforderungen, zur Klassifizierung von Nachhaltigkeit, zu Indizes und Richtwerten (Benchmarks) sowie zu Beratungspflichten. So sieht Artikel 30 der EbAV-II-Richtlinie vor, dass Pensionskassen und Pensionsfonds eine schriftliche Erklärung über die Grundsätze ihrer Anlagepolitik ausarbeiten. Dabei haben die Unternehmen auch auf die Frage einzugehen, wie bei der Anlagepolitik Belangen aus den Bereichen Umwelt, Soziales und der Unternehmensführung Rechnung getragen wird.

 

Was bedeutet das konkret für die Finanzindustrie?

Die Unternehmen müssen einen transparenten Prozess dokumentieren, der klar macht, wie und warum sie in welche Anlagen investieren und wie sie sicherstellen, dass dabei ESG-Kriterien erfüllt werden (Transparenzpflicht). Als Instrument dafür sind unter anderem Negativ- und Positivlisten vorgesehen. Positivlisten enthalten Kriterien, anhand deren ein Versicherer ein Unternehmen, einen Staat oder einen Sektor als nachhaltig ein-stuft. Negativlisten sind Einzellisten, auf der Versicherer anhand zuvor festgelegter Kriterien Investitionen in bestimmte Unternehmen, Staaten oder Sektoren ausschließen. Auf Negativlisten können sich zum Beispiel Unternehmen finden, die Kinderarbeit zulassen, Menschenrechte verletzen oder Streubomben produzieren.

Weiter steht für deutsche Versicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung die Pflicht zu Szenario-Analysen und Klimastress-Tests im Raum. Das BaFin hat dieses Thema für 2019 auf der Agenda. Damit, so die BaFin, könnten die Finanzdienstleister umweltbezogene Risiken in den Unternehmen besser identifizieren, bewerten, überwachen, steuern und kontrollieren. Gerade im Risikomanagement wird die Finanzbranche noch nachrüsten müssen (Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe g der EbAV-II-Richtlinie): Laut einer Branchenumfrage, die die BaFin Anfang vergangenen Jahres durchgeführt hat, wenden erst rund sechs Prozent der Erst- und Rückversicherungs-Unternehmen und der Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung bereits Klima-stress-Tests im Rahmen des Kapitalanlage-Risikomanagements an. Es ist anzunehmen, dass die Mehrzahl der EbAVs noch keine konkreten Schritte eingeleitet hat.

 

Wie ist die Entwicklung in der Schweiz?

Die regulatorische Entwicklung in der Schweiz ist noch offen. Es ist jedoch zu erwarten, dass das Thema ESG auch auf den Radar des schweizerischen Regulators kommt. Die FINMA hat sich dazu noch nicht geäussert. Die schweizerische Finanzindustrie ist jedoch gut beraten, das Thema Nachhaltigkeit proaktiv anzugehen. Für schweizerische Pensi-onskassen gehört die Berücksichtigung vom Klimarisiken im Anlageprozess zum guten Ton (best practice). Massgebliche Pensionskassen hat das Thema Klimaverträglichkeit ganz oder teilweise bereits umgesetzt: Abendrot, AXA, BVK, CPEG, GEPABU, Helvetas, Metron, est, PKZH, Publica.

zum whitepaper

Ihr Team