13. Juni 2023

Die Macht der Klicks und Likes

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Influencer Marketing: Rechtliche Rahmenbedingungen im digitalen Zeitalter – Chancen und Herausforderungen für Marken und Influencer

Die Macht der sozialen Medien hat eine neue Ära des Marketings eingeläutet –­­ das Zeitalter der Influencer. In den letzten Jahren haben sich Menschen mit einer grossen und engagierten Online-Gefolgschaft zu begehrten Marken- und Produktbotschaftern entwickelt. Das Influencer Marketing, das auf der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und einflussreichen Content Creators basiert, ist ein wirksames Mittel geworden, um gezielte Personengruppen zu erreichen und die Markenbekanntheit zu stärken. Hinter den sorgfältig inszenierten, aber mühelos wirkenden Posts verbirgt sich eine komplexe Welt, die rechtliche, ethische und strategische Fragen aufwirft. In diesem Beitrag geben wir einen Blick auf die rechtlichen Grundlagen des Influencer Marketings und beleuchten die vielfältigen werberechtlichen Aspekte, die es zu beachten gilt.

Rechtsrahmen

Influencer Marketing als solches wird in der Schweiz von keinem spezifischen Gesetz erfasst. Mit ihren Werbebeiträgen auf Social Media Plattformen beeinflussen Influencer jedoch regelmässig den Wettbewerb, weshalb sie als Wettbewerbsbeteiligte gelten und dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb («UWG») unterstehen.

Das UWG bezweckt die Gewährleistung eines lauteren und unverfälschten Wettbewerbs im Interesse aller Beteiligten, indem es das marktrelevante Verhalten regelt. Es geht also um jenes Verhalten, das geeignet ist, die Markt- oder Wettbewerbsverhältnisse zu beeinflussen. Ein Social Media Post mit kommerziellem oder verkaufsförderndem Zweck (z.B. Steigerung des Bekanntheitsgrades eines Unternehmens/Produktes, Verbesserung der Marktposition gegenüber Mitbewerbern) fällt somit unter das UWG. Dabei ist unerheblich, ob ein Influencer für einen Post eine (geldwerte) Gegenleistung erhält oder ob er tatsächlich den Willen hat, wirtschaftlich tätig zu sein.

Die Schweizerische Lauterkeitskommission («SLK») hat zudem nicht verbindliche «Grundsätze Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation» («SLK-GS») erarbeitet, welche die branchenspezifischen und sachgerechten lauterkeitsrechtlichen Regeln als Standard abbilden. Die SLK-GS sollen die Einhaltung fairer Geschäftspraktiken in der kommerziellen Kommunikation fördern und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die kommerzielle Kommunikation stärken.

Was bedeutet denn überhaupt Werbung?

Das UWG enthält keine Definition des Begriffs «Werbung». Die SLK-GS beschreiben Werbung als «kommerzielle Kommunikation». Darunter versteht die SLK jede Massnahme, die darauf abzielt, die Einstellung einer gewissen Anzahl von Personen zu bestimmten Produkten systematisch zu beeinflussen oder deren Hauptzweck der Abschluss eines Rechtsgeschäftes ist. Kommerzielle Kommunikation erfasst somit alle Formen von Werbung, Influencing und Verkaufsförderung.

Muss Werbung auf Social Media gekennzeichnet werden?

In der Schweiz gibt es keine spezifische gesetzliche Norm zur Kennzeichnung kommerzieller Kommunikation. Aus dem in Art. 2 UWG verankerten Gebot der Klarheit in der Werbung ergibt sich jedoch der Grundsatz des Trennungsgebots. Das Trennungsgebot umfasst zwei Komponenten: Einerseits wird gefordert, dass sich Werbemassnahmen von anderen Inhalten klar trennen lassen (Trennungsgebot). Anderseits muss Werbung erkennbar sein (Erkennbarkeit).

Auch die SLK-GS sehen vor, dass kommerzielle Kommunikation unabhängig von ihrer Form und dem verwendeten Medium unlauter ist, wenn sie nicht eindeutig als solche erkennbar und vom übrigen Inhalt nicht klar getrennt ist. Die SLK-GS sehen weiter explizit eine Offenlegungspflicht für User von Social Media Plattformen vor, wenn die Werbung für die übrigen Nutzer nicht eindeutig als solche erkennbar ist. Daraus folgt, dass auf eine Kennzeichnung dann verzichtet werden kann, wenn der kommerzielle Charakter im Einzelfall offensichtlich ist. Wann der kommerzielle Charakter als offensichtlich erkennbar gilt, ist eine Ermessensfrage.

Die SLK äussert sich in verschiedenen Empfehlungen sinngemäss dazu. Nach Auffassung der SLK muss ein Beitrag mit Werbecharakter dann explizit als Werbung gekennzeichnet werden, wenn die relevante Zielgruppe den Post nicht eindeutig als kommerzielle Kommunikation erkennt. Erforderlich ist lediglich, dass unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls der kommerzielle Charakter des Posts erkennbar ist. Die SLK stützt sich dabei auf das Verständnis des durchschnittlich verständigen, aufgeklärten und informierten Mitglieds der adressierten Zielgruppe ab. Insbesondere bei Influencern mit grosser Reichweite dürfte die Erkennbarkeit des Werbecharakters praktisch immer bejahrt werden können. Hingegen müssen bei Influencern mit geringerer Followeranzahl weitere Umstände auf den Werbecharakter hindeuten, damit von einer Erkennbarkeit ausgegangen werden kann.

Drohen bei fehlender Kennzeichnung Strafsanktionen?

Verstösse gegen Art. 2 UWG können nicht strafrechtlich geahndet werden. Auch die SLK hat mangels Konstituierung als staatliches Gericht keine Sanktionsmöglichkeit. Die SLK kann jedoch Verstösse gegen die SLK-GS feststellen und Empfehlungen abgeben. Kommt eine getadelte Partei der Empfehlung der SLK nicht nach, kann die SLK ihren Entscheid unter Nennung der säumigen Partei veröffentlichen («naming and shaming»).

Reichweite und Reputation gelten gemeinhin als das wertvollste «Kapital» eines Influencers. Durch das «naming and shaming» der SLK besteht daher trotz fehlender (Straf-)Sanktionsmöglichkeit eine nicht zu unterschätzende Ahndungsmöglichkeit gegen unlauteres Influencer Marketing.

Ein Blick nach Deutschland

Im Gegensatz zum Schweizer UWG wurde in Deutschland eine konkrete Kennzeichnungspflicht in das Deutsche UWG aufgenommen. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und die Nichtkenntlichmachung geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Das bedeutet, dass das Verlinken von Unternehmen ohne dafür eine geldwerte Gegenleistung zu erhalten, grundsätzlich keine kommerzielle Kommunikation darstellt.

Ein Blick nach Frankreich

Das französische Parlament hat im Juni 2023 ein Gesetz verabschiedet, das detaillierte Regeln fürs Influencer Marketing festlegt. Das Gesetz definiert Influencer als neue Berufskategorie. Danach ist ein Influencer eine Person, die aus finanziellen Interessen ihre Popularität auf Social Media nutzt, um direkt oder indirekt für Dienstleistungen oder Güter zu werben. Erfasst werden Influencer, die sich an ein französisches Publikum richten, wobei es keine Rolle spielt, wo sich der Influencer befindet («extraterritoriale Anwendung»). Zudem schreibt das Gesetz vor, dass retuschierte oder virtuelle Bilder als solche gekennzeichnet werden müssen. Ausdrücklich verboten wird ausserdem die Werbung für gesundheitsschädigende Produkte oder Schönheitschirurgie. Verstösse gegen das Gesetz können mit bis zu zwei Jahre Gefängnis und einer Busse bis zu 300‘000 Euro geahndet werden.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Werbung auf Social Media Plattformen in der Schweiz nur dann als solche gekennzeichnet werden muss, wenn sich aus den Umständen und aus Sicht eines durchschnittlichen Followers nicht eindeutig ergibt, dass es sich um einen Beitrag mit Werbecharakter handelt. In solchen Fall empfehlen wir zur Kennzeichnung z.B. die Hashtags #Ad oder #Werbung, die an prominenter Stelle zu platzieren sind.

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen rund um kommerzielle Kommunikation, Influencer Marketing und anderen, wettbewerbsrechtlichen Themen.

Ihr Team