27. März 2020

Versicherung bei Epi- und Pandemien

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Die explosionsartige Verbreitung des Coronavirus und die einhergehenden behördlichen Einschränkungen des Geschäftslebens führt bei den Unternehmen und Selbständigen zu grossen, teilweise die Existenz bedrohenden Verlusten. Es empfiehlt sich auf alle Fälle zu prüfen, ob für den erlittenen Schaden eine Versicherungsdeckung besteht.

Die rasante Ausbreitung des neuartigen Coronavirus führte von einer lokalen Epidemie zu einer globalen Pandemie und zu entsprechenden, teilweise drastischen Einschränkungen des Privat- und Geschäftslebens. War anfänglich insbesondere die Tourismus- und Eventbranche betroffen, gibt es mittlerweile kaum noch Firmen oder Unternehmer, welche nicht in gravierender Weise in ihrer Wirtschaftlichkeit tangiert wären. Muss die Tätigkeit eingeschränkt oder gar eingestellt werden, führt dies bei den Unternehmen und Selbständigen zu grossen, teilweise die Existenz bedrohenden Verlusten. Es empfiehlt sich auf alle Fälle zu prüfen, ob für den erlittenen Schaden eine Versicherungsdeckung besteht.

Es existieren auf dem Markt eigentliche Epidemie- und Pandemieversicherungen. Diese decken grundsätzlich – je nach konkretem Wortlaut – die finanziellen Folgen, wenn eine zuständige Behörde die Schliessung oder Einschränkung der betrieblichen Tätigkeit zur Verhinderung der Verbreitung von übertragbaren Krankheiten angeordnet hat. Diese Art von Deckung haben gewisse Betriebe in einigen besonders exponierten Branchen abgeschlossen, wie Betriebe in der Lebensmittelverarbeitungsindustrie, Spitäler oder Restaurant- und Hotelbetriebe.

Im Weiteren können je nach erlittenem Schaden weitere Versicherungen Deckung bieten. Die Betriebsausfallversicherung bietet grundsätzlich Schutz für den Ertragsausfall, wenn der Betrieb infolge eines Sachschadens unterbrochen wird. Dies dürfte bei Betriebsunterbrechung infolge von Infektionsschutzmassnahmen – ob nun durch präventive behördliche Anordnung oder durch Schliessungsverfügung der zuständigen Behörde nach Ausbruch eines Virus – in der Regel nicht erfüllt sein.

Gewisse Versicherungsverträge schliessen Betriebsunterbrechungen wegen Ereignissen bei Zulieferern ein, allerdings regelmässig mit der bereits genannten Voraussetzung des Sachschadens.

Weiter reicht der Versicherungsschutz, wenn in der Betriebsausfallversicherung eine erweiterte Deckung durch Einschluss eines Epidemiemoduls vereinbart wurde oder eine sog. All Risk Versicherung abgeschlossen wurde. Ob aufgrund von Epidemien oder Pandemien erfolgte Betriebseinschränkungen oder -schliessungen eingeschlossen sind, hängt von der Risikobeschreibung des Versicherungsvertrags ab. Wird nicht wie bei den standardmässigen Betriebsausfallversicherungen ein Sachschaden vorausgesetzt und wurde in der Vereinbarung das Risiko Seuchen/Infektionskrankheiten miteingeschlossen oder wurde eine All-Risk-Versicherung vereinbart, kommt ein Versicherungsschutz in Betracht.

Vermehrt verfügen insbesondere KMUs über eine um das Risiko des Ausfalls einer wichtigen Schlüsselfigur, meistens des Eigentümers, erweiterte Deckung in der Betriebsausfallversicherung. Fällt dieser infolge einer Infektion beispielsweise mit dem Coronavirus aus, sollte grundsätzlich eine Deckung gegeben sein.

Besondere Beachtung in den jeweiligen Policen verdienen die Deckungsausschlüsse. Diese müssen klar und unzweideutig sein, um Bestand zu haben. Allgemeine Verweise auf Force Majeure dürften beispielsweise nicht genügen, um eine Deckung bei Epidemien oder Pandemien auszuschliessen. Ausschlüsse von Schäden infolge Influnza-Viren (H-Viren) dürften nicht den Ausschluss von Schäden infolge anderer Viren wie des Coronavirus (SARS-CoV-2) bedeuten. Sind Pandemieschäden ausgeschlossen, so stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien sich eine (lokale) Epidemie zu einer (globalen) Pandemie wandelt. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus hat die WHO am 11. März 2020 die Coronavirusepidemie als Pandemie eingestuft.

Deckung für die Lohnfortzahlungsansprüche der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber bieten Krankentaggeldversicherer an, im Fall von Angestellten in Spitälern, Arztpraxen und dergleichen Unfalltaggeldversicherer. Erkrankt ein Arbeitnehmer an einer Infektionskrankheit wie dem Coronavirus, so wird seine Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Versicherungsleistungen gedeckt. Ebenfalls sollte es für Personen Deckung geben, welche zwar nicht infolge einer Infektion erkrankt sind, welche aber ihre bisherige Tätigkeit nur unter der Gefahr, ihren Gesundheitszustand zu verschlimmern, ausüben können. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus handelt es sich gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) bei den besonders gefährdeten Personen um Personen ab 65 Jahre und um alle Personen mit einer Vorerkrankung (Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs sowie Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen). Können diese Personen ihrer Tätigkeit nicht oder nur teilweise im Homeoffice nachgehen, sollten auch sie als im entsprechenden Rahmen arbeitsunfähig gelten. Heilungskosten werden von der Krankenversicherung gedeckt, bei Angestellten von Spitälern und Arztpraxen von der Unfallversicherung.

Kann der Betrieb nicht aufrechterhalten bleiben und drohen Beschäftigungseinbrüche, ermöglicht es das Instrument der Kurzarbeitsentschädigung, Arbeitsplätze zu erhalten. Die soziale Arbeitslosenversicherung (ALV) deckt den von Kurzarbeit betroffenen Arbeitgebern über einen gewissen Zeitraum einen Teil der Lohnkosten. Damit soll verhindert werden, dass infolge kurzfristiger und unvermeidbarer Arbeitsausfälle Kündigungen ausgesprochen werden. Die Leistungen werden im Gegensatz zur Arbeitslosenentschädigung an den Arbeitgeber ausgerichtet. Jeder Arbeitnehmende hat jedoch das Recht, die Kurzarbeitsentschädigung abzulehnen. Im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie wurden die Ansprüche auf Kurzarbeitsentschädigung ausgeweitet und die Beantragung vereinfacht. Für Personen, welche befristet, temporär oder in arbeitgeberähnlichen Anstellungen arbeiten sowie Personen, die in einem Lehrverhältnis stehen, kann nun ebenfalls Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie abzufedern, hat der Bundesrat diverse weitere Massnahmen beschlossen, welche zunächst auf ein halbes Jahr befristet sind. So kann unter der Erwerbsersatzordnung (EO) neu eine Erwerbsausfallentschädigung von Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren beantragt werden, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, weil die Fremdbetreuung nicht mehr gewährleistet ist. Weiter haben Anspruch auf eine Entschädigung Personen, die wegen einer Quarantänemassnahme ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, sowie Selbständigerwerbende, die aufgrund einer bundesrechtlich angeordneten Betriebsschliessung oder aufgrund des Veranstaltungsverbotes einen Erwerbsausfall erleiden.

Bei rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Folgen von Epidemien und Pandemien wie Betriebsschliessungen, Lieferausfällen und dergleichen ist es von Vorteil, wenn man über eine Rechtschutzversicherung verfügt. Diese kann vorprozessual beraten und in einem allfälligen Prozess die Kosten tragen.

Besteht unter einer Versicherung Deckung, ist es wichtig sicherzustellen, dass der Versicherungsschutz nicht durch die Verletzung von Obliegenheiten verwirkt wird. Es bestehen zahlreiche Anzeige- und Mitwirkungsobliegenheiten. In jedem Fall sollte der Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalles sobald wie möglich benachrichtigt und es sollten ihm die benötigten Informationen zur Verfügung gestellt werden.