18. Mai 2020

Die Auswirkungen des Brexit auf Immaterialgüterrechte

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Die Auswirkungen des Brexit auf Immaterialgüterrechte

Welche Auswirkungen hat der Austritt von Grossbritannien aus der EU auf die derzeit in der EU registrierten Immaterialgüterrechte?

Übergangsphase bis Ende 2020: Die UK Regierung hat eine Übergangsphase ausgerufen, welche bis Ende 2020 andauern wird. Bis zum Ende dieser Übergangsphase wird es keinerlei Änderungen betreffend die Immaterialgüterrechte geben. Danach gilt was folgt:

Brexit- Auswirkungen auf Markenregistrierungen

Welches sind die zentralen Folgen des Brexit bezüglich EU-Marken?

  • Während der Übergangsphase wird es keine Änderungen geben. D.h. jede Marke, welche Schutz in der EU beansprucht, wird nach wie vor auch in Grossbritannien registriert sein.
  • Nach Ablauf der Übergangsphase, d.h. anfangs 2021, wird jeder EU-Marke eine entsprechende UK Marke zugewiesen, welche dann im nationalen Markenregister registriert sein wird. Diese nationale Markenregistrierung wird mit dem Hinterlegungsdatum der EU-Marke oder falls vorhanden mit dem Prioritätsdatum eingetragen. Die Umwandlung der EU-Marke in eine nationale Marke in Grossbritannien wird für den Markeninhaber keine Kosten verursachen. Im Falle einer hängigen EU-Markenanmeldung kann diese nach Ablauf der Übergangsphase mittels Bezahlung der entsprechenden Gebühren in eine nationale UK-Marke umgewandelt werden.

Muss derzeit etwas unternommen werden?

Grundsätzlich nicht. Folgende Punkte sind indes zu beachten:

  • Sollte eine EU-Markenanmeldung in Betracht gezogen werden, so sollte dies möglichst rasch erfolgen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass diese möglichst vor Ablauf der Übergangsphase registriert - und damit die Bezahlung allfälliger Gebühren für eine UK-Marke vermieden wird.
  • Markenlizenzvereinbarungen, welche sich auf EU-Marken beziehen, sollten überprüft und falls nötig vor Ablauf der Übergangsphase angepasst werden

Wichtig: Nach Ablauf der Übergangsphase wird es nicht mehr möglich sein, sich im Falle eines Widerspruches gegen eine EU-Marke oder im Falle einer Löschungsklage infolge Nichtgebrauchs sich auf eine UK-Marke abzustützen (und umgekehrt).

Brexit - Auswirkungen auf Domainnamen

Es ist noch nicht klar, welche Folgen der Brexit auf die Eintragung von Domainnamen haben wird. Es könnte jedoch sein, dass nicht EU-Mitglieder nicht mehr in der Lage sein werden ihre .eu Domains zu erneuern bzw. einzutragen.

Brexit – Auswirkungen auf Designregistrierungen

Bei registrierten EU-Designregistrierungen verhält es sich ähnlich wie bei Markenregistrierungen. D.h. nach Ablauf der Übergangsphase werden die EU-Designregistrierungen in eine entsprechende nationale UK-Registrierung umgewandelt.

Unregistrierte Designrechte, das heisst Rechte welche automatisch bestimmte individuellen Designs während drei Jahren nach der ersten Bekanntmachung vor Nachahmung Dritter schützen, sind derzeit im UK Gesetz nicht geregelt. Allerdings beabsichtigt die UK Regierung, ein ergänzendes Designrecht zu etablieren, welche solche unregistrierten Designs schützen soll.

Brexit -Auswirkungen auf das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

Mit Bezug auf das Urheberrecht wird es keine grundlegenden Änderungen geben. Die UK Regierung beabsichtigt derzeit aber nicht, die geltenden EU-Richtlinien zu implementieren. Entsprechend sind die tatsächlichen Konsequenzen des Austritts noch nicht geklärt. Zudem sieht das EU-Recht eine grenzüberschreitende Portabilität digitaler Inhalte vor. Diese regelt, dass digitale Inhalte, welche in einem EU-Staat verfügbar sind, auch in allen anderen EU-Staaten verfügbar gemacht werden müssen. Nach dem Brexit wird dies nicht mehr der Fall sein.

Die grössten Auswirkungen des Brexit im Zusammenhang zu Urheberrechten betreffen aber die sogenannten sui generis Rechte, von welchen das Datenbankrecht am meisten betroffen sein wird. Im Falle der Erschaffung eines Datenbankrechts durch eine im EWR ansässige Person oder Unternehmen erlangt dieses Datenbankrecht automatisch Schutzwirkung innerhalb des gesamten EWR. Nach Ablauf der Übergangsphase können EWR-Mitglieder nicht länger angehalten werden ihre Datenbankrechte in Grossbritannien anzuerkennen. Ein Umstand welcher die Verfolgung im Falle einer Verletzung schwieriger macht.

Brexit – Auswirkungen auf Patente

Der Brexit wird keine Auswirkungen auf bestehende Europäische Patente haben. Dies da es sich beim Europäischen Patentamt um eine von der EU losgelöste separate Einheit handelt.

Erwartet werden indes Auswirkungen auf das geplante Einheitspatent sowie das zuständige Gericht über Einheitspatente. Grossbritannien ist derzeit Mitglied des Verbundes der Staaten, welche ein Einheitspatent einreichen können und hat das Abkommen entsprechend ratifiziert. Es scheint derzeit aber unwahrscheinlich, dass Grossbritannien nach Ablauf der Übergangsphase Mitgliedstaat bleiben wird.

Brexit - Auswirkungen Erschöpfungsprinzip und Parallelimporte

Das Erschöpfungsprinzip sieht vor, dass wenn ein Produkt durch den Markeninhaber oder auf dessen Geheiss auf den Markt gebracht wird, sich die IP Rechte an diesem Produkt innerhalb des EWR-Raums erschöpfen. Mit anderen Worten: Wenn ein Produkt an jemanden in Frankreich verkauft wird, kann dasselbe Produkt in Grossbritannien aufgrund der Erschöpfung der IP-Rechte wiederverkauft werden.

Nach Ablauf der Übergangsphase werden die IP-Rechte an einem Produkt, welches im EWR erstmalig auf den Markt gebracht wurde in Grossbritannien erschöpft sein. Wenn diesbezüglich keine gegenteilige Vereinbarung getroffen wird, werden sich die Rechte an einem Produkt, welches in Grossbritannien erstmalig auf den Markt gebracht wurde nach Ablauf der Übergangsphase nicht erschöpfen. Eine Konsequenz dessen wird sein, dass Inhaber von IP-Rechten in Grossbritannien nicht in der Lage sein werden, Parallelimporte aus dem EWR zu vermeiden. Hingegen können Inhaber von IP-Rechten im EWR sich gegen Parallelimporte aus Grossbritannien zur Wehr setzen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung in Grossbritannien Inhabern von IP-Rechten in Grossbritannien weiterhin erlauben wird, sich auf deren IP-Rechte abzustützen, um Parallelimporte von ausserhalb des EWR zu verhindern.

Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit der UK-Kanzlei Harbottle & Lewis erstellt.

Harbottle&Lewis und MME sind beide Mitglieder der WorldIT Lawyers (WITL), einer globalen Vereinigung internationaler Anwaltskanzleien mit Fokus auf Technologie, IT und IP-Recht.