21. Dezember 2020

Das moderne Handelsregister – Neuerungen im OR und in der HRegV ab 2021

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Die Bestimmungen zum Handelsregister im Obligationenrecht (OR) und der Handelsregisterverordnung (HRegV) werden teilweise erneuert. Einzelne Bestimmungen sind bereits seit dem 1. April 2020 in Kraft. Der Grossteil der Vorschriften folgt per 1. Januar 2021.

Die Bestimmungen zum Handelsregister im Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht / OR) und der Handelsregisterverordnung (HRegV) werden teilweise erneuert. Der Bundesrat hat dabei einzelne Bestimmungen der neuen Vorschriften über das Handelsregister bereits per 1. April 2020 in Kraft gesetzt. Der Grossteil der Vorschriften folgt mit Inkrafttreten per 1. Januar 2021. Lesen Sie nachfolgend das Wichtigste über diese Neuerungen:

In Bezug auf die Identifikation von natürlichen Personen sind folgende Aspekte zentral:

  • Die Identifikation von natürlichen inländischen Personen wird neu mittels AHV-Versicherungsnummer vorgenommen, was eine zweifelsfreie Identifikation der eingetragenen Personen gewährleistet.
  • Die Personendaten sind derzeit dezentral bei den jeweiligen kantonalen Handelsregisterämtern erfasst. Daher ist es nicht möglich, gesamtschweizerisch festzustellen, welche natürliche Person in welcher Funktion oder mit welcher Zeichnungsberechtigung bei verschiedenen Rechtseinheiten im Handelsregister eingetragen sind. Mit einer zentralen Datenbank soll diese gesamtschweizerische Identifikation nun ermöglicht werden. Damit an dieser Datenbank weitergearbeitet werden kann, traten die entsprechenden Bestimmungen im Obligationenrecht und in der HRegV bereits per 1. April 2020 in Kraft. Verantwortlich für die Erteilung der Rechte, den Datenschutz und die Datensicherheit dieser Datenbank ist das EHRA (Art. 14a HRegV).

Die Neuerungen der Vorschriften über das Handelsregister sehen ausserdem massgebliche Erleichterungen und Vorteile für Gesellschaften vor, insbesondere die Folgenden:

  • Die sog. «Stampa-Erklärung» wird abgeschafft. Mit diesem Beleg haben die Verwaltungsräte oder Geschäftsführer bis anhin festgehalten, dass sie keine besonderen Vorteile gewährt oder zugesichert haben und dass keine anderen Sachwerte oder Verrechnungstatbestände übernommen werden, abgesehen von jenen, die bereits in den Statuten oder den Handelsregisterbelegen aufgeführt werden (Art. 628 Abs. 2 OR). Diese Erklärung war bis anhin ein zwingend notwendiger Beleg zur Handelsregisteranmeldung und fällt per 1. Januar 2021 weg. Anstelle in einer separaten Erklärung ist diese direkt in der öffentlichen Urkunde festzuhalten. Zum heutigen Zeitpunkt ist noch offen, wie die Formulierung in der Urkunde anzubringen ist. Seitens der Handelsregisterämter ist angedeutet worden, dass es darauf hinauslaufen könnte, die heute bestehenden Erklärungen tel quel in die Urkunde hineinzukopieren. Man wird abwarten müssen, wie sich die Praxis der Handelsregisterämter entwickeln wird.
  • Die Gebühren des Handelsregisters gemäss der Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister (GebV-HReg) orientieren sich künftig am sog. «Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip». Dies führt zu einer Gebührensenkung von rund einem Drittel (vgl. nachfolgende Beispiele) und es wird eine jährliche Entlastung der Wirtschaft im Umfang von CHF 14 Mio. erwartet.
Geschäft Gebühr alt Gebühr neu Einsparung
Neueintragung Aktiengesellschaft CHF 600 CHF 420 CHF 180
Eintragung Zeichnungsberechtigter CHF 30 CHF 20 CHF 10
Fusion      
- für die übernehmende Rechtseinheit CHF 600 CHF 420 CHF 180
- für die Löschung der übertragenden Gesellschaft CHF 120 CHF 80 CHF 40

 

  • Es wird eine gesetzliche Grundlage für die bereits gelebte Praxis der Berichtigung von fehlerhaften oder unvollständigen Einträgen oder Nachträgen im Handelsregister geschaffen.
  • Die Handelsregisteranmeldung kann künftig auch von bevollmächtigten Personen (d.h. auch Anwälte und Notare) – nicht mehr nur vom obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgan – eingereicht werden. Die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts muss gemäss der Zeichnungsberechtigung von einem oder mehreren Mitgliedern des obersten Leitungs- und Verwaltungsorgans unterzeichnet sein und sie ist der Anmeldung beizulegen (Art. 17 Abs. 3 nHRegV). Es ist zu erwarten, dass die Unterschriften der Vollmachtgeber sowie des Bevollmächtigten zu beglaubigen sind, wobei sich die nHRegV dazu nicht äussert.
    Da Art. 20 Abs. 1 HRegV weiterhin Gültigkeit behält, sind sämtliche Belege und damit auch die Bevollmächtigung der unterzeichnenden Person dem Handelsregister im Original oder als beglaubigte Kopien einzureichen.

Des Weiteren werden folgende Änderungen in Zusammenhang mit den Verfahren rund um das Handelsregister in Kraft gesetzt:

  • Auf Verordnungsstufe wird die Möglichkeit einer schriftlichen Einsprache beim Handelsregister – die sog. Handelsregistersperre i.S.v. Art. 162 und Art. 163 HRegV aufgehoben. Der Rechtsschutz wird seit dem Inkrafttreten der Zivilprozessordnung (ZPO) durch Art. 262 lit. c ZPO gewährleistet. Über diese vorsorglichen Massnahmen entscheidet damit künftig direkt das Gericht und nicht mehr zuerst die Handelsregisterbehörde selbst über eine beantragte Handelsregistersperre.
  • Bei erstmalig ausgegeben Inhaberaktien, ist ein Nachweis über die Kotierung der Beteiligungspapiere an einer Börse oder der Ausgestaltung als Bucheffekten dem Handelsregister einzureichen. Die faktische Abschaffung der Inhaberaktien wurde bereits früher im OR verankert.
  • Um eine einheitliche Darstellung der Handelsregisterauszüge zu gewährleisten, wird künftig die Umschreibung des Zwecks unverändert aus den Statuten oder der Stiftungsurkunde zur Eintragung übernommen. Das Ermessen des Handelsregisters zur Kürzung entfällt.
  • Die amtlichen Verfahren, die mit einer Aufforderung des Handelsregisteramts beginnen, werden vereinheitlicht.
  • Basierend auf Art. 936 Abs. 2 nOR sind Einträge, Statuten und Stiftungsurkunden allen online gebührenfrei zugänglich zu machen. Dadurch müssen insb. bei einer ausserkantonalen Sitzverlegungen, einer sog. «grossen» Sitzverlegung, die Statuten des bisherigen Sitzes nicht mehr in beglaubigter Form eingereicht werden.
  • Gemäss Art. 936a Abs. 1 nOR werden die Einträge ins Handelsregister neu mit der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt – und nicht mehr rückwirkend auf den Eintragungen ins Tagesregister – rechtswirksam. Mithin fällt die Möglichkeit zur Bestellung sog. Auszügen vor Publikation weg.

Schliesslich werden einige Unklarheiten aus der Praxis beseitigt und verschiedene Empfehlungen der eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zur Datenzuverlässigkeit des Handelsregisters umgesetzt.

Bei Fragen rund um die Modernisierung des Handelsregisters stehen Ihnen unsere Experten von MME gerne telefonisch oder persönlich zur Verfügung.