20. April 2020

COVID-19: Verrechnungspreise und Betriebsstätten

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Durch den Ausbruch des Corona-Virus werden multinationale Unternehmen oft mit einer unmittelbaren Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert, u.a. aus der Unterbrechung von Lieferketten oder infolge stagnierender Umsätze.

Durch den Ausbruch des Corona-Virus werden multinationale Unternehmen oft mit einer unmittelbaren Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert, u.a. aus der Unterbrechung von Lieferketten oder infolge stagnierender Umsätze. Aber auch die klassischen Geschäftsmodelle und die entsprechend implementierten Verrechnungspreissysteme können Handlungsbedarf erfordern.

Auswirkungen auf klassische Prinzipalmodelle

Viele multinationale Konzerne haben ein klassisches Prinzipalmodell implementiert. Innerhalb der Wertschöpfungskette werden dabei einzelne Funktionen bspw. an Auftragsforschungs- und Entwicklungsunternehmen, Lohn- oder Auftragsfertiger sowie Routinevertriebsunternehmen (sogenannte LRD) ausgelagert. Diese Unternehmen üben lediglich Routinefunktionen aus und sehen sich nur geringen Risiken ausgesetzt bzw. werden über das implementierte Verrechnungspreissystem (finanziell) von den Risiken befreit. Dafür erhalten die Routineunternehmen lediglich eine geringe, aber stabile Vergütung. Der Residualgewinn, also die Differenz zwischen den Umsätzen mit fremden Dritten abzüglich der Vergütung der Routineunternehmen, verbleibt beim Prinzipal. Der Prinzipal profitiert infolgedessen von steigenden Konzerngewinnen, muss aber im Gegenzug die (finanziellen) Risiken innerhalb der Wertschöpfungskette tragen. Für den Prinzipal bedeutet dies, dass er die von den Routineunternehmen durch die Corona-Krise erlittenen Verluste grundsätzlich finanziell tragen muss. Dies führt beim Prinzipal zu einer erheblichen Belastung der Erfolgsrechnung sowie des Cashflows. Um als Prinzipal durch die Corona-Krise nicht selbst in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, sollten deshalb Möglichkeiten einer (Verrechnungs-)Preis- bzw. Margenanpassung geprüft werden.

Für eine (Verrechnungs-)Preis- bzw. Margenanpassung kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Prinzipiell kann zunächst eine Korrektur der (Verrechnungs- )Preise und Margen innerhalb der durch Datenbankstudien ermittelten Bandbreiten erfolgen. Darüber hinaus ist es denkbar zeitnah eine neue Datenbankstudie durchzuführen und dadurch eine Bandbreite zu ermitteln, die von Routineunternehmen in vergleichbaren Rezessionsperioden erzielt wurden. Um die steuerliche Anerkennung sicherzustellen, ist ein zeitnahes Handeln und eine entsprechende Dokumentation erforderlich.

Gruppeninterne Finanzierungsleistungen

Der durch die Corona-Krise ausgelöste Finanzbedarf vieler Unternehmen kann neben einer Bankenfinanzierung auch durch konzerninterne Darlehen gelöst werden. Im Rahmen dessen ist jedoch auch jetzt eine dem Drittvergleich entsprechende Verzinsung zu beachten, die steuerliche Korrekturen beim Darlehensgeber einerseits und beim Darlehensnehmer anderseits, vermeidet. In der Schweiz sollten insofern die von der ESTV vorgegebenen Mindest- bzw. Höchstzinssätze berücksichtigt werden, soweit nicht ein anderer Zinssatz durch einen Drittvergleich (i.d.R. durch eine Datenbankstudie) nachgewiesen werden kann. Staatliche Unterstützungsmassnahmen und entsprechend anwendbare Zinssätze können diesbezüglich ebenfalls als Drittpreise hinzugezogen werden.

Seitens des Darlehensnehmers muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass die aus der Fremdfinanzierung resultierenden Zinszahlungen steuerlich als Aufwand geltend gemacht werden können und nicht etwa Zinsabzugsbeschränkung die Abzugsfähigkeit verhindern.

Steuerrechtliche Behandlung von Homeoffice

In Zeiten des Corona-Virus arbeiten viele Mitarbeiter von Zuhause. Gerade in grenznahen Gebieten (aber auch im interkantonalen Verhältnis) stellt sich dabei die Frage, ob das Homeoffice eine Betriebsstätte begründet. In diesem Fall wäre eine entsprechende Steuerausscheidung vorzunehmen.

Die ESTV hat sich bereits zu dieser Problematik geäussert. Im Rahmen dessen kommt sie zu dem Schluss, dass ein „erzwunges“ Homeoffice aus heutiger Sicht nicht auf eine dauerhafte Tätigkeit ausgerichtet ist und schon aufgrund dessen keine Betriebsstätte begründet. Sollte die Tätigkeit im Homeoffice jedoch über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten andauern, ist die Situation für den konkreten Einzelfall zu prüfen. Meist wird es jedoch auch bei längerfristigen Anordnungen an der Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Homeoffice-Räumlichkeiten und an der ausschliesslichen geschäftlichen Nutzung mangeln.