21. November 2025

Wie Schweizer Immobilienunternehmen Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteile nutzen können

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Neue Nachhaltigkeitsauflagen in der Schweiz und der EU verändern die Immobilienbran-che. Für Eigentümer, Bauherren und Vermögensverwalter geht es nicht mehr nur darum, Umweltvorschriften einzuhalten oder die Erwartungen der Investoren zu erfüllen. Die Nachhaltigkeitsleistung bestimmt zunehmend Bewertungen, Finanzierungsbedingungen, die Nachfrage der Mieter und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

  • Adrian Peyer

    Legal Partner

Neue Nachhaltigkeitsauflagen in der Schweiz und der EU verändern die Immobilienbranche. Für Eigentümer, Bauherren und Vermögensverwalter geht es nicht mehr nur darum, Umweltvorschriften einzuhalten oder die Erwartungen der Investoren zu erfüllen. Die Nachhaltigkeitsleistung bestimmt zunehmend Bewertungen, Finanzierungsbedingungen, die Nachfrage der Mieter und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Unternehmen, die frühzeitig handeln, können den regulatorischen Druck in eine strategische Chance verwandeln. Dieser Artikel skizziert die wichtigsten rechtlichen Entwicklungen in der Schweiz und stellt praktische Schritte vor, wie Immobilienakteure Compliance in einen Wettbewerbsvorteil umwandeln können.

Nachhaltigkeit ist geschäftskritisch geworden

Die regulatorischen Rahmenbedingungen in der Schweiz werden strenger. Klima-Transitionspläne, Sorgfaltspflichten, CO₂-Reduktionsziele und Energieeffizienzstandards entwickeln sich rasant weiter. Gleichzeitig erwarten Banken, Versicherungen und institutionelle Investoren glaubwürdige Nachhaltigkeitsinformationen, die weit über die minimalen gesetzlichen Anforderungen hinausgehen.

Für Immobilienunternehmen bedeutet dies:

  • Die Finanzierung hängt zunehmend von ESG-KPIs ab.
  • Immobilienwerte korrelieren mit der Energie- und Klimaleistung.
  • Planungs- und Genehmigungsverfahren berücksichtigen zunehmend Umweltkriterien.

Trotzdem fehlen vielen Unternehmen nach wie vor eine solide Unternehmensführung (Governance), Berichtsstrukturen und langfristige Sanierungsstrategien, die auf die neuen Verpflichtungen abgestimmt sind.

Die wichtigsten Schweizer und EU-Vorschriften mit Auswirkungen auf den Immobiliensektor

Nachfolgend eine Übersicht über die regulatorischen Rahmenbedingungen, die sich wesentlich auf den Schweizer Immobilienmarkt auswirken, sowie über die relevanten EU-Vorschriften aufgrund grenzüberschreitender Geschäfte, Finanzierungen und Investorenerwartungen.

1. Schweizerisches Obligationenrecht (Nichtfinanzielle Berichterstattung)

  • Grosse Unternehmen von öffentlichem Interesse müssen Nicht-Finanzberichte veröffentlichen, darunter auch Angaben zu ihrer Klima- und Umweltbilanz (OR964a ff).
  • Ab dem Geschäftsjahr 2024 sind auch Klima-Transitionspläne obligatorisch (Art. 3 Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange), die mit dem Netto-Null-Pfad der Schweiz in Einklang stehen.
2. Schweizer Klima- und Innovationsgesetz (KIG) – in Kraft seit 2024
  • Legt das Netto-Null-Ziel der Schweiz für 2050 fest.
  • Schafft Anreize für Gebäudesanierungen, erneuerbare Heizungen und Verbesserungen der Energieeffizienz.
3. CO₂-Gesetz – überarbeitet und in Kraft seit 2025
  • Strengere CO₂-Grenzwerte für Gebäude.
  • Verstärkte Anreize für den Ersatz fossiler Heizsysteme.
  • Strengere Anforderungen an die Energieüberwachung und Emissionsberichterstattung.
4. Kantonale Bau- und Energievorschriften
  • Die Kantone führen zunehmend strengere Anforderungen ein für:
    • Heizungssysteme,
    • Gebäudehüllen,
    • Photovoltaikanlagen,
    • Elektro-Ladeinfrastruktur.
5. EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) / ESRS
  • Gilt für sehr grosse Schweizer Unternehmen, die in der EU tätig oder dort börsenkotiert sind.
  • Schafft hohe Anforderungen an die Berichterstattung, die nun von vielen Schweizer Kreditgebern und Investoren übernommen werden.
  • Der Geltungsbereich und die Anforderungen der CSRD sind jedoch zurzeit in Überarbeitung.
6. Taxonomiekonforme Finanzierungsstandards
  • Auch ohne direkte Anwendbarkeit beeinflussen die EU-Taxonomiekriterien die Kreditstandards und Zinsmargen der Schweizer Banken.
  • Banken in der Schweiz folgen auch der «Richtlinie für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz» der Schweizerischen Bankiervereinigung.
7. Kommunale Planungs- und Bauvorschriften (Baubewilligungsverfahren)
  • Städte wie Zürich, Genf und Basel integrieren Nachhaltigkeitsbewertungen in «Dichteboni», Baugenehmigungen usw.

Was steht auf dem Spiel, wenn Immobilienunternehmen nicht handeln?

Schweizer Immobilienakteure sind einem wachsenden Risiko ausgesetzt, wenn sie sich nicht anpassen:

  • Wertverlust von nicht renovierten Immobilien („Brown Discount“ oder „Stranded Assets“).
  • Eingeschränkter Zugang zu Bankfinanzierungen, insbesondere für CO2-intensive Gebäude.
  • Höhere Versicherungsprämien oder Verlust des Versicherungsschutzes aufgrund von Klimarisiken.
  • Wettbewerbsnachteile bei der Mietersuche und in den Beziehungen zu Investoren.

Schritte zur Umwandlung der Schweizer Nachhaltigkeitsanforderungen in Wettbewerbsvorteile

1. Nachhaltigkeit zu einem Kernelement der Geschäftsstrategie machen

Nachhaltigkeit ist heute ein Treiber für die Rentabilität und nicht mehr nur eine zusätzliche Compliance-Anforderung.

Immobilienunternehmen mit messbaren Nachhaltigkeitszielen erzielen:

  • bessere Finanzierungsbedingungen
  • eine stärkere Nachfrage seitens der Mieter
  • höhere langfristige Immobilienwerte

Nutzen Sie die neuen Schweizer Klima- und Berichterstattungsvorschriften als Katalysator für strategische Klarheit.

2. Erfassen Sie regulatorische Risiken und Chancen im gesamten Portfolio

Führen Sie eine strukturierte Analyse durch zu:

  • CO₂-Bilanz von Gebäuden
  • bevorstehende kantonale Energievorschriften
  • Renovierungspflichten und -zeitpunkte
  • Klima-Risiken (Hitze, Überschwemmungen, Erdrutsche, Hagel etc.)

Dies ermöglicht Ihnen eine Priorisierung und optimierte CAPEX-Zuweisung.

3. Frühzeitige Sicherung der Finanzierung – Nachhaltigkeits-KPIs bestimmen die Bedingungen

Schweizer Kreditgeber nutzen zunehmend:

  • Energieeffizienzklassen
  • CO₂-Intensität
  • Renovierungswege
  • taxonomiekonforme Daten

als Kriterien für Margen, Sicherheitenbewertungen und Kreditverlängerungen.

Eine proaktive Dokumentation verschafft Unternehmen Verhandlungsmacht und senkt langfristige Finanzierungsrisiken.

4. Aufbau einer robusten ESG-Berichtsarchitektur

Das Schweizer Obligationenrecht, die CSRD und die Erwartungen der Investoren erfordern:

  • rückverfolgbare Daten
  • digitale Dokumentation der Gebäudeperformance
  • Due-Diligence-Prozesse in der Lieferkette
  • Klimaszenarioanalysen

Unternehmen, die in Berichtssysteme investieren, reduzieren das Risiko von Greenwashing und entsprechenden Klagen.

5. Positionieren Sie sich für eine nachhaltige Landentwicklung

Schweizer Gemeinden vergeben Entwicklungsprojekte und «Dichteboni» zunehmend auf der Grundlage von:

  • Klimaleistung
  • Kreislaufbaukonzepten
  • Mobilitäts- und Energiekonzepten
  • Massnahmen zur sozialen Integration

Eine ausgereifte Nachhaltigkeitsstrategie und projektbezogene KPIs erhöhen die Zuschlagschancen erheblich.

6. Neue Bauvorschriften als Innovationstreiber betrachten

Die Umstellung auf leistungsbasierte Gebäudestandards (anstelle von Vorschriften) ermöglicht es Unternehmen:

  • sich durch technische Innovationen von der Konkurrenz abzuheben
  • neue Energiesysteme zu testen
  • flexible, modulare Bauweisen nutzen
  • Digital Twin und datengesteuertes Facility Management einsetzen

Diese Differenzierung kann zu schnelleren Genehmigungen und höheren Bewertungen führen.

7. Frühzeitige Integration von Prinzipien der zirkulären Bauweise

Schlüsselkonzepte für zukunftssichere Gebäude in der Schweiz:

  • kohlenstoffarme Materialien
  • Wiederverwendungs- und Recyclingprozesse
  • Anpassungsfähigkeit und Demontierbarkeit
  • Wasser- und Grauwassermanagement
  • Design für die Demontage
  • Skalierbarkeit von PV-Anlagen und Speicherung

Kreislaufwirtschaft senkt die Lebenszykluskosten und stärkt die Nachfrage von Investoren.

8. Rechtliche Entwicklungen kontinuierlich verfolgen

Wissen ermöglicht ein besseres Timing und senkt das regulatorische Risiko.

Fazit: Ein Moment strategischer Chancen

Schweizer Immobilienunternehmen können die Komplexität der Vorschriften in einen Wettbewerbsvorteil verwandeln, indem sie frühzeitig handeln, in Governance investieren und leistungsorientierte Gebäudeinnovationen nutzen. Diejenigen, die Nachhaltigkeit systematisch in ihre Strategie und ihren Betrieb integrieren, stärken:

  • Immobilienwerte
  • Finanzierungsbedingungen
  • Risikoresilienz
  • Zugang zu Entwicklungsprojekten

Der Wandel ist nicht nur regulatorischer Natur – er ist auch eine Chance für die Transformation des Geschäftsmodells von Immobilienunternehmen.

Gerne stehen wir Ihnen mit unseren spezialisierten Teams in den Bereichen Immobilienrecht, ESG und Steuern für eine Besprechung zur Verfügung.

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