19. April 2021

Stempelsteuer: Vermittlung - das Eis wird dünner!

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Das Bundesgericht erweitert den Anwendungsbereich der stempelsteuerlichen Vermittlung. Schweizer Konzerne müssen beim Kauf/Verkauf von Beteiligungen entsprechende Stempelsteuern an die Eidgenössische Steuerverwaltung abliefern.

Mit dem Urteil 2C_638/2020 hat sich das Schweizer Bundesgericht (BG) detailliert mit der Definition der Vermittlung bei der Umsatzabgabe auseinandergesetzt.

Definition

Für die Definition der Vermittlung stellt das BG auf das Mäklervertragsrecht mit den zwei Grundformen (1) Nachweismäkler und (2) Vermittlungsmäkler ab. Die Tätigkeit des Nachweismäklers beschränkt sich auf die Bekanntgabe einer oder mehreren konkret bestimmter Abschlussgelegenheiten, während der Vermittlungsmäkler auf den Vertragsabschluss aktiv hinwirkt.

Beim Vermittlungsmäkler muss zwischen den Bemühungen des Vermittlungsmäklers und dem Entschluss des Dritten mindestens ein psychologischer Zusammenhang in dem Sinne bestehen, dass das Motiv, das der Vermittlungsmäkler durch seine Tätigkeit geholfen hat zu pflanzen, für die Abschlussbereitschaft des Vertragsgegners mitbestimmend war.

Beim Nachweismäkler ist der erforderliche Kausalzusammenhang gegeben, wenn er als erster auf den Kaufs- oder Verkaufsinteressenten hinweist und die Parteien gerade aufgrund dieses Hinweises in Kontakt treten und das Geschäft abschliessen.

Eine juristische Person (z.B. Aktiengesellschaft) hat sich die Tathandlungen ihrer Organe und Hilfspersonen (wie typischerweise ihre Arbeitnehmer/innen) anrechnen zu lassen. Verfügen die entsprechenden Organe und Hilfspersonen über Anknüpfungspunkte zu verschiedenen juristischen Personen, ist zu prüfen, für welche juristische Person die entsprechenden Organe und Hilfspersonen handeln.

Bedeutung in der Praxis:

Das BG-Urteil weicht leicht von der bisher angewendeten und von der Vorinstanz bestätigten Definition der Vermittlung ab. Bis anhin liegt eine stempelsteuerliche Vermittlung vor, wenn eine Tätigkeit bezweckt, den Abschluss des Geschäfts zu bewirken, indem sie auf die Willenseinigung der am Geschäft beteiligten Personen ausgerichtet ist. Der Effektenhändler galt dann als Vermittler, wenn sein Einsatz für das Zustandekommen der Transaktion kausal war.

Das BG-Urteil weitet m.E. den Anwendungsbereich aus. Das Abstellen auf den Tätigkeitsbereich des Vermittlungsmäklers ist mehrheitlich deckungsgleich zum bisherigen Verständnis der stempelsteuerlichen Vermittlung. Das Abstellen auf den Tätigkeitsbereich des Nachweismäklers (d.h. als erster auf den Kaufs- oder Verkaufsinteressenten hinweist und die Parteien gerade aufgrund dieses Hinweises in Kontakt treten und das Geschäft abschliessen) geht m.E. einen Schritt weiter. Insbesondere im Bereich Anlageberatung, Unterbreiten von Anlagevorschlägen, Private Equity etc. bei institutionellen Investoren, welche bis anhin nicht als stempelsteuerliche Vermittlung qualifizierten, wird das «Eis» dünner.

Ferner ist i.d.R. auf Basis des BG-Urteils bei Schweizer Konzernen beim Kauf/Verkauf von wesentlichen Schweizer und ausländischen Beteiligungen von/an Drittparteien von einer stempelsteuerlichen Vermittlung auszugehen und üblicherweise Stempelsteuer geschuldet.

Somit sind zukünftig insbesondere Transaktionen von Schweizer Konzernen und das Anlageberatungsgeschäft im Finanzbereich mit qualifizierten Investoren mit einer stärkeren Brille zu prüfen. Gerne unterstützen wir Sie dabei.