08. Februar 2021

Revision der Schweizer Pharmakodizes

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  • Gesundheit / Life Sciences

Der revidierte Pharmakodex sowie der revidierte Pharma-Kooperations-Kodex wurden am 14. Mai 2020 verabschiedet und sind am 1. Januar 2021 in Kraft getreten.

Überblick

Im Nachgang zur Revision des Heilmittelgesetzes (HMG), dem Erlass der Verordnung über die Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich (VITH) sowie der Inkraftsetzung der Code Consolidation des europäischen Pharmaverbandes (EFPIA Code) erfolgte nun auch die Revision der Schweizer Pharmakodizes. Der revidierte Verhaltenskodex der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz (Pharmakodex, PK) sowie der revidierte Verhaltenskodex der pharmazeutischen Industrie in der Schweiz zur Zusammenarbeit mit Fachkreisen und Patientenorganisationen (Pharma-Kooperations-Kodex, PKK) wurden am 14. Mai 2020 verabschiedet und sind am 1. Januar 2021 in Kraft getreten.

Bedeutung

Die beiden Pharmakodizes spielen eine wichtige Rolle im Schweizer Gesundheitswesen, da sie einen Rahmen für die Selbstregulierung der pharmazeutischen Unternehmen bieten. Aktuell unterstellen sich rund 130 Pharmaunternehmen dem PK sowie rund 60 dem PKK. Die Einhaltung dieser zwei Pharmakodizes wird durch das Kodex-Sekretariat von scienceindustries (Schweizerischer Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences) überwacht.

Die Pharma-Selbstregulierung besteht in der freiwilligen Verpflichtung von Akteuren zur Einhaltung von Verhaltensnormen. Ein Unterstellungszwang ergibt sich nur für Mitgliedfirmen der EFPIA, die verpflichtet sind, die jeweiligen Länderkodizes zu unterzeichnen. Im Unterschied zum HMG sowie der VITH, die zwingendes öffentliches Recht darstellen und primär einen gesundheitspolizeilichen Zweck verfolgen, zielt die Pharma-Selbstregulierung auf die Einhaltung von hohen ethischen Standards sowie die Sicherstellung von lauterem Marktverhalten der Pharmaunternehmen.

Wesentliche Änderungen des Pharmakodex

Die Änderungen des PK lassen sich in formelle sowie materielle Änderungen unterteilen:

Neben einer Reihe zusätzlicher Begriffsdefinitionen (vgl. Ziff. 13 PK) wurden die Regeln des PKK über die Zusammenarbeit mit Fachpersonen, Gesundheitsversorgungs-Organisationen sowie Patientenorganisationen unter Ausklammerung der Offenlegungsbestimmungen wieder im PK aufgenommen (vgl. Ziff. 4 PK). Der Anwendungsbereich des PK wurde erweitert und damit die mit der Einführung des PKK entstandene Lücke geschlossen.

In materieller Hinsicht wurde der revidierte PK an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Integrität und Transparenz nach Art. 55 und 56 HMG angepasst. Die wesentlichen Änderungen in diesem Zusammenhang sind die Folgenden:

  • Die Bezahlung von Mahlzeiten ist maximal bis zu einem Betrag von CHF 100 und einzig im Rahmen von Fachgesprächen sowie Veranstaltungen zulässig (vgl. Ziff. 15.4 PK).
  • Spenden und Zuschüsse dürfen nur an Gesundheitsversorgungs-Organisationen und Patientenorganisationen vergeben werden, nie jedoch an Fachpersonen (vgl. Ziff. 15.5 PK). Ausserdem werden Zweckbeschränkungen für dessen Vergabe festgelegt (vgl. Ziff. 15.6 PK).
  • Es gilt der Grundsatz des Multisponsorings für von Fachpersonen organisierten Veranstaltungen, Gesundheitsversorgungs-Organisationen sowie Patientenorganisationen (vgl. Ziff. 15.7 PK). Dies soll eine unzulässige Einflussnahme durch ein einzelnes Pharmaunternehmen verhindern.
  • Im Gegensatz zur staatlichen Gesetzgebung (Art. 6 Abs. 2 lit. d VITH) ist jegliche Finanzierung von begleitenden Aktivitäten (wie z.B. gesellschaftlichen Aktivitäten) während Programmen zur medizinischen Weiter- oder Fortbildung von Fachpersonen verboten (vgl. Ziff. 32.5 PK).
  • Ziff. 31 PK konkretisiert die Grundsätze der Unterstützung der medizinischen Weiter- und Fortbildung durch Pharmaunternehmen und weist darauf hin, dass die damit verbundene Finanzierung gegenüber Dritten transparent gemacht werden muss (vgl. dazu Art. 16 EFPIA Code). Im Gegensatz dazu bezieht sich Art. 56 HMG nur ausdrücklich auf die Transparenz und Offenlegung von Preisrabatten und Rückvergütungen, die beim Heilmitteleinkauf gewährt werden.

Des Weiteren sieht Ziff. 2 PK neben dem gesetzlichen Rahmen (insbesondere der Verordnung über die Arzneimittelwerbung, AWV) weitere Vorgaben zur Arzneimittelwerbung vor. Die Verteilung von Fachwerbung ist neu in Ziff. 29 PK festgeschrieben, die Vorgaben bei der Verwendung von Grafiken, Illustrationen, Fotos und Tabellen zur Vermeidung irreführender Werbung wurden ergänzt (vgl. Ziff. 25.6 PK) und die Verwendung des Begriffs "neu" wurde angepasst (vgl. Ziff. 24.3.2 PK sowie Art. 5 Abs. 6 AWV). Schliesslich statuiert Ziff. 101.3 PK die Pflicht zur Beachtung von Annexen und Guidance der internationalen Verbände im Kontext der Selbstregulierung.

Wesentliche Änderungen des Pharma-Kooperations-Kodex

Im Kontext des PKK kam es zu keinen eigenständigen inhaltlichen Anpassungen, sondern nur zu Nachvollzügen in Analogie zur PK-Revision. Neben zusätzlichen Begriffsdefinitionen (vgl. Ziff. 13 PKK) mussten ebenfalls die Integritätsbestimmungen analog zum PK formal angepasst werden (vgl. Ziff. 15 PKK), damit sie demselben Aufbau wie Art. 55 HMG resp. der VITH folgen. Ausserdem wurden die Ausnahmen von der Offenlegungspflicht neu formuliert, inhaltlich aber nicht geändert (vgl. Ziff. 24.3 PKK).

Hinsichtlich der Offenlegung von geldwerten Leistungen an Patientenorganisationen kam es im EFPIA Code zu einer Angleichung an die Vorgaben für die Fachpersonen und Gesundheitsversorgungs-Organisationen, welche in den PKK übernommen werden mussten (vgl. Ziffer 36 PKK).

Fazit

Die revidierten Pharmakodizes enthalten hilfreiche Regelungen und Klarstellungen zu verschiedenen Themen. Sie behalten den strengen Ansatz in Bezug auf die Grundsätze der Integrität bei. Im Hinblick auf die Transparenz sieht der PK Offenlegungspflichten vor, die über die geltende Gesetzgebung hinausgehen.

Bei Fragen zu den Pharmakodizes sowie den Geboten zur Integrität und Transparenz können Sie sich gerne an das Team von MME Legal | Tax | Compliance wenden.

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