08. März 2019

Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Stockwerkeigentum

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Die Nachfrage für Elektrofahrzeuge nimmt stetig zu. Bei Tiefgaragen im Stockwerkeigentum stellt sich insbesondere die Frage, wie solche Einrichtungen errichtet resp. genehmigt werden müssen und wer die Kosten dafür zu tragen hat.

  • Dr. Christoph Nater

    Legal Partner

Die Nachfrage für Elektrofahrzeuge nimmt stetig zu und damit auch das Bedürfnis nach entsprechenden Ladestationen. Der nachfolgende Beitrag widmet sich der Möglichkeit des Ausbaus von Einstellhallen, welche im Miteigentum von Stockwerkeigentümern stehen.

Antrag an Stockwerkeigentümerversammlung

Die Einstellhalle samt ihren Leitungen, Einrichtungen und Anschlüssen steht im Miteigentum der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Oftmals wird dem einzelnen Stockwerkeigentümer durch die Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Stockwerkeigentümer ein Nutzungsrecht an einem Garagenplatz zugewiesen. Das Nutzungsrecht verleiht dem Stockwerkeigentümer üblicherweise das Recht auf Gebrauch des Garagenplatzes zur Abstellung eines Fahrzeugs, allerdings nicht das Recht, den Garagenplatz umzubauen und eine entsprechende Ladestation für ein Elektrofahrzeug zu installieren.

Sofern das Stockwerkeigentümerreglement nichts Gegenteiliges vorsieht, bedarf es zur Errichtung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge deshalb eines Beschlusses der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Der Stockwerkeigentümer, welcher eine Ladestation auf seinem Garagenplatz errichten möchte, muss folglich einen Antrag an die Stockwerkeigentümergemeinschaft stellen, welche anlässlich einer Stockwerkeigentümerversammlung über die bauliche Massnahme abzustimmen hat. Handelt ein Stockwerkeigentümer eigenmächtig ohne Zustimmung der übrigen Stockwerkeigentümer, läuft er Gefahr, dass er die Änderungen wieder beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen muss – auf seine Kosten versteht sich.

Notwendiges Quorum

Je nachdem, ob eine bauliche Massnahme als notwendig, nützlich oder als luxuriös zu qualifizieren ist, ist ein anderes Quorum für die Zustimmung der Stockwerkeigentümer erforderlich. Nach unserer Beurteilung handelt es sich bei der Errichtung einer Ladestation sowie beim Ausbau der Hausverteilungsanlage zu einem sog. «smarten System» um eine nützliche bauliche Massnahme, was ein qualifiziertes Mehr erforderlich macht. Dies bedeutet, dass die Mehrheit der Stockwerkeigentümer, welche zugleich den grössten Teil der Sache vertreten, der baulichen Massnahme zustimmen muss (Art. 647d Abs. 1 ZGB).

Erschliessungsmöglichkeiten

Die Ausgestaltung einer Ladestation kann als Einzelerschliessung (Zuleitung von der Hausverteilung zum entsprechenden Garagenplatz) oder als Grundausbau zu einem smarten Ladesystem (Zuleitungsmöglichkeit zu allen Garagenplätzen) erfolgen. Es empfiehlt sich, bereits vor Antragstellung an die Stockwerkeigentümergemeinschaft einen Bericht eines Fachmanns einzuholen, welcher die technischen Möglichkeiten und Kapazitätsleistungen einer Ladestation überprüft und die unterschiedlichen Ausbaumöglichkeiten darlegt. Da die Nachfrage für Elektrofahrzeuge tendenziell zunehmen dürfte, empfiehlt sich meist, direkt ein smartes Ladesystem mit Zuleitungsmöglichkeiten zu sämtlichen Garagenplätzen einzubauen.

Die Kompetenz zum Ausbau kann je nach gewählter Erschliessung ganz dem antragstellenden Miteigentümer zugewiesen oder in der Hand der Stockwerkeigentümergemeinschaft belassen werden (s. nachfolgende Grafik mit dem Entscheidungsweg):

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Grafik: Merkblatt «Einrichten von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Einstellhallen im Stockwerkeigentum/Miteigentum», HEV Schweiz, 2018

Regelung der Kostentragung und Verantwortung

Es empfiehlt sich, die Kostentragung der Errichtung, die Verantwortung für den Betrieb und Unterhalt sowie die Betriebskosten der Ladestationen klar zu regeln. Entweder die Stockwerkeigentümergemeinschaft übernimmt den Gesamtausbau und ggf. auch den Endausbau zu den einzelnen Garagenplätzen oder der antragstellende Stockwerkeigentümer ist für den Grundausbau und (oder nur) den Endausbau zu seinem Garagenplatz verantwortlich. Sofern der antragstellende Stockwerkeigentümer verantwortlich ist, müssten sich weitere Stockwerkeigentümer, welche zu einem späteren Zeitpunkt einen Ausbau wünschen, anteilig an den Kosten für Unterhalt und Wartung beteiligen.

Je nachdem, wem die Erschliessungsaufgabe zugewiesen wird (antragsstellendem Stockwerkeigentümer oder der Stockwerkeigentümergemeinschaft), ist die Verantwortung für den Betrieb und Unterhalt anders zu regeln. Sofern die Stockwerkeigentümergemeinschaft die Verantwortung für den Gesamtausbau und den Endausbau übernimmt, sollte im Beschluss vorgesehen werden, dass ein Bezüger sämtliche Kosten in Zusammenhang mit der Einrichtung der Ladestation auf seinem Garagenplatz, deren Erneuerung, Unterhalt und Betrieb selbst zu tragen hat. Mit der Verantwortung für Betrieb und Unterhalt kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft sicherstellen, dass eine fachkundige Erstellung und Wartung sowie ein fachkundiger Unterhalt des Systems und der Ladestationen erfolgt. Sofern einem einzelnen Stockwerkeigentümer der Ausbau zugewiesen wird (Grundinfrastruktur und/oder Endausbau Ladestation) muss ihm im Beschluss auch die Pflicht zum Unterhalt und allenfalls der Erneuerung der Infrastruktur überbunden werden. Bei Nichteinhaltung der Pflicht haftet der ausführende Stockwerkeigentümer.

Für die Betriebskosten wird bestenfalls der Stromverbrauch der Ladestationen über individuelle Stromzähler oder ein smartes System erfasst und auf die Benützer verteilt. Damit kann eine benutzungsabhängige Kostenverteilung vorgenommen werden.

Nebst der klaren Regelung der Kosten und der Haftung ist es überdies empfehlenswert, eine Versicherung für die Ladestationen für E-Mobility abzuschliessen, um sich vor finanziellen Verlusten durch Schäden zu schützen.

Ihr Team