23. März 2023

Auswirkungen des neuen Aktienrechts auf Stiftungen: Neue Pflichten des Stiftunggsrats

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Seit Inkrafttreten des neuen Aktienrechts per 1. Januar 2023 treffen den Stiftungsrat neue Pflichten: Er muss die Aufsichtsbehörde im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Stiftung orientieren sowie Vergütungen des Stiftungsrats und der Geschäftsleitung offenlegen.

Der Stiftungsrat muss neu aufgrund der Aktienrechtsrevision im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keine Zwischenbilanz mehr erstellen, hat aber anstatt der Revisionsstelle direkt die Aufsichtsbehörde zu informieren (Art. 84a ZGB). Zur Ermittlung der Überschuldung sind die Bestimmungen des Aktienrechts entsprechend anwendbar.

Darüber hinaus muss das oberste Stiftungsorgan der Aufsichtsbehörde jährlich den Gesamtbetrag der ihm und der allfälligen Geschäftsleitung direkt oder indirekt ausgerichteten Vergütungen wie u.a. Honorare, Gutschriften, Sachleistungen, Leistungen für zusätzliche Arbeiten im Sinne von Art. 734a Abs. 2 OR offenlegen (Art. 84b Abs. 1 ZGB).

Die Offenlegungspflicht bedeutet, dass jede Stiftung den Gesamtbetrag für den Stiftungsrat und die Geschäftsleitung sowie den auf jedes Mitglied entfallenden Betrag unter Nennung des Namens und der Funktion des betreffenden Mitglieds anzugeben hat. Diese neue Offenlegungspflicht gilt erstmals für das Geschäftsjahr 2023.1

Trotz hitzig geführter Diskussionen hat es das Parlament allerdings verpasst, auf Bundesebene eine explizite Regelung betreffend Vergütungen bei gemeinnützigen Stiftungen zu statuieren. Dies wäre deshalb wichtig gewesen, weil die Steuerbehörden in gewissen Kantonen eine restriktive Haltung bezüglich Stiftungsratshonoraren einnehmen und bei der Ausrichtung von Honoraren einen Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsbegriff sehen. Dies führt zur Ablehnung der Steuerbefreiung mit der Konsequenz, dass einzig ehrenamtliche Stiftungsräte erlaubt sind. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verantwortung gewisser gemeinnütziger Stiftungen erscheint diese Praxis veraltet und nicht mehr zweckmässig. Der Stiftungsrat soll auch bei gemeinnützigen Stiftungen eine Entschädigung für seine Tätigkeit vorsehen dürfen, so-fern drei Bedingungen erfüllt sind: Die Entschädigung muss angemessen sein, darf nicht den Statuten widersprechen und die Mittel der Stiftung müssen ausreichen, um die Entschädigung zu bezahlen.2

In diesem Zusammenhang ist die neue Praxis des kantonalen Steueramts in Zürich zu begrüssen: Neu steht einer angemessenen Entschädigung des Stiftungsrats gemeinnütziger Stiftungen bei einer Steuerbefreiung nichts mehr entgegen. Der Kanton Zürich stärkt damit ihren Stiftungsstandort.

Wir gehen davon aus, dass dieses Umdenken im Kanton Zürich auch für andere Kantone relevant sein wird. Bis zu einem Umdenken auf eidgenössischer Ebene empfehlen wir jedoch Stiftungen dringend, ihre Vergütungspraxis zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Gerne stehen wir Ihnen dafür zur Verfügung und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

 

1 Siehe etwa das Merkblatt der ESA «Offenlegung von Vergütungen an Stiftungsrat und Geschäftsleitung» vom 9. Januar 2023.

2 Siehe hierzu das Kurzinterview mit Nils Güggi, dem Leiter der ESA: www.swissfoundations.ch/aktuell/esa-aktualisiert-musterstatuen.