18. Dezember 2015

Selbstfahrende Autos: Zulässigkeit, Haftung und Datenschutz

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Automatisierte Fahrzeuge fahren schon bald auch auf Schweizer Strassen. Diese selbstfahrenden Autos werfen aber noch etliche rechtliche Fragen auf, insbesondere im Bereich der Zulässigkeit, der Haftung und des Datenschutzes.

Automatische Einparkhilfen, Spurthaltefunktionen, Stauassistenten und aktive Geschwindigkeitssysteme, welche automatisch einen vom Fahrer definierten Abstand zum Vordermann einhalten, gehören heute zur Serienausstattung der Oberklassenfahrzeuge. Nicht nur die Automobilhersteller selbst, wie z.B. Mercedes-Benz, Volvo, Nissan und Audi, sondern insbesondere auch die Technikgiganten, Google und Apple arbeiten nun bereits am nächsten Schritt auf dieser Reise der "Automatisierung der Fahrzeuge". Ab dem Jahr 2020 - so sagen Experten voraus - werden bereits die ersten vollautomatisierten Fahrzeuge auf dem Markt erhältlich sein. Bereits heute schon sind die ersten selbstfahrenden Autos auf den Strassen unterwegs. So bewilligte z.B. das UVEK im Frühjahr 2015 ein Pilotprojekt der Swisscom für Tests mit selbstfahrenden Autos.

Selbstfahrende Autos werfen rechtliche Fragen, insbesondere im Bereich der Haftung und des Datenschutzes, auf. Im Folgenden werden einige dieser Fragen - ohne Anspruch auf vollständige Beantwortung - erörtert.

I. Zulässigkeit von selbstfahrenden Autos

Das geltende Strassenverkehrsgesetz (SVG) sieht in Art. 31. Abs. 1 vor, dass jedes Fahrzeug einen Fahrer aufweisen und dieser das Fahrzeug ständig beherrschen muss. Weiter ist es gemäss Art. 3 Abs. 3 VRV nicht zulässig, das Steuer des Fahrzeuges während der Fahrt ausser der Hand zu lassen. Für die Einführung von selbstfahrenden Autos auf den Schweizer Markt wäre deshalb eine Revision des Strassenverkehrsgesetz (SVG) bzw. der dazugehörenden Verkehrsregelnverordnung (VRV) notwendig.

Das Wiener Übereinkommen über den Strassenverkehr wurde im Jahr 2014 revidiert. Mit der Revision, welche voraussichtlich im 2016 in Kraft treten soll, werden automatische Systeme als zulässig angesehen, wenn sie jederzeit vom Fahrer abgeschaltet oder übersteuert werden können. Damit wird teilautonomes Fahren nach der Revision des Wiener Übereinkommens über den Strassenverkehr zulässig. Es ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber sowohl im Wiener Übereinkommen über den Strassenverkehr als auch in den nationalen Gesetzen das vollständig autonome Fahren erst legalisieren wird, sobald die technische Entwicklung erprobt ist.

II. Haftung

Bereits heute schon muss der Halter eines Fahrzeuges für Schäden, welche aufgrund des Betriebs seines Fahrzeuges entstanden sind, einstehen (Art. 58 Abs. 1 SVG). Diese Haftung des Motorfahrzeughalters stellt eine Kausalhaftung dar, welche unabhängig von einem Verschulden greift. Der Halter kann deshalb nicht einwenden, ihn treffe kein Verschulden oder er selbst habe das Fahrzeug nicht gelenkt. Weiter wird de lege lata mittels eines Versicherungszwanges sowie einem unmittelbaren Forderungsrecht des Geschädigten gegenüber dem Versicherer sichergestellt, dass der Geschädigte seinen Schaden ersetzt bekommt.

Die Kausalhaftung des Fahrzeughalters und das unmittelbare Forderungsrecht passen auf selbstfahrende Autos einwandfrei. Weil die Haftung des Motorfahrzeughalters eben gerade nicht beim Motorfahrzeugführer anknüpft, sondern am Halter des Fahrzeuges, welcher den Nutzen aus dem Fahrzeug zieht, spielt es ja auf ersten Stufe keine Rolle, ob im Zeitpunkt der Schädigung ein "Computer" oder ein anderer Lenker das Fahrzeug gesteuert hat.

Natürlich möchte die Haftpflichtversicherung des Halters, welche in der Regel für den gesamten Schaden direkt belangt wird und dem Geschädigten keine Einreden gegenüber geltend machen kann, nicht auf dem kompletten Schaden sitzen bleiben. Heute verschaffen sich die Versicherer dadurch Abhilfe, dass sie den Fahrer - sofern ihn ein Verschulden trifft - im Rahmen des Regresses beanspruchen. Bei den autonomen Fahrzeugen wird es in der Regel aber nicht mehr der Fahrer sein, welcher allenfalls eine (Teil)Schuld am Unfall trifft, sondern ein System, welches nicht ordnungsgemäss funktioniert hat. Aus diesen Überlegungen folgt, dass in einem solchen Fall die Versicherer - anders als heute - nicht mehr auf den Fahrer, sondern vielmehr auf den Hersteller des Fahrzeuges bzw. auf den Softwarehersteller Rückgriff nehmen müssten.

Unter dem geltenden Recht ist eine solche Rückforderungsmöglichkeit gegenüber dem Fahrzeughersteller indessen nicht möglich bzw. vorgesehen. So steht es den Versicherern heute nicht zu, ihre Zahlungen an die Geschädigten vom Hersteller des fehlerhaften Fahrzeuges zurückzufordern, wenn dieser nur kausal haftet, wie dies bei der Produktehaftpflicht der Fall ist. Durch eine Einführung einer Regressmöglichkeit des VVG-Versicherers gegen Kausalhaftpflichtige und damit Fahrzeughersteller könnte dieser Mangel behoben werden ("So auch gefordert von Andrea Haefeli/Arnold Rusch, Klagen gegen Fahrzeughersteller - vom kastenförmigen Range Rover und von fehlenden Airbags, HAVE 2014, 370 ff., 373 f; eine Einführung eines integralen Regressrechts wurde bei der geplanten Totalrevision des VVGs vom Parlament zurückgewiesen.").

In diesem Sinne hat Volvo anfangs Oktober 2015 als erster Autobauer angekündigt, dass Volvo bei Unfällen mit selbstfahrenden Fahrzeugen die volle Haftung übernehmen wird. Hintergrund dieses Statements ist wohl die Tatsache, dass Regulierungsfragen wie die Haftung ein zentrales und bis anhin nicht überwundenes Hindernis für den Einsatz von selbstfahrenden Autos darstellt.

III. Schutz von Daten Dritter

Damit selbstfahrende Autos funktionieren, müssen sie die Umwelt erkennen. Dies geschieht grösstenteils durch Sensoren und Kameras. Auf diesen Videoaufnahmen sind andere Personen erkenn- oder bestimmbar. Im Schweizerischen Datenschutz ist eine solche Bearbeitung von Personendaten nur zulässig, wenn sie rechtmässig ist, d.h. durch eine Einwilligung des Betroffenen, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. In Bezug auf die sogenannten "Dashcams" hat der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) Stellung genommen und ausgeführt, dass weder die Gewährleistung der Verkehrssicherheit noch die Nutzung der Beweismittel ein genügender Rechtfertigungsgrund darstellt, sodass beim Einsatz von "Dashcams" eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung vorliegt.

Auch bei den Kameras von selbstfahrenden Autos ist nur mit Zurückhaltung von einem Rechtfertigungsgrund auszugehen. Nichtsdestotrotz könnte eine Speicherung mit sehr kurzer Dauer oder der komplette Verzicht auf eine Speicherung dazu führen, dass dieser Einsatz von Kameras als verhältnismässig qualifiziert wird. Genügt dies nicht, so könnte mittels Anonymisierungstools, Personen bzw. Gesichter anonymisiert und damit die Privatsphäre der Personen geschützt werden.

IV. Links

 

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