05. Dezember 2022

Kurzarbeit aufgrund von Strommangel – geht das?

  • Artikel
  • Legal
  • Arbeit / Immigration

Die zurzeit diskutierten behördlichen Massnahmen aufgrund einer allfälligen Energiemangellage und die steigenden Energiepreise rücken die Thematik der Kurzarbeit in das Zentrum des Gesprächs. Unser Beitrag gibt Ihnen einen kurzen Überblick, ob eine Kurzarbeitsentschädigung auch für Sie in Frage kommen könnte.

In der Schweiz werden zurzeit unterschiedliche Massnahmen für den Fall einer Strommangellage diskutiert. An der Sitzung vom 23. November 2022 hat der Bundesrat unterschiedliche Bewirtschaftungsmassnahmen für dieses Szenario zur Kenntnis genommen. In einem verkürzten Vernehmlassungsverfahren bis zum 12. Dezember 2022 soll nun zu den einzelnen Regelungsvorschlägen Stellung genommen werden. Als ultima ratio, d.h. als letztmögliche Massnahme, ist die Netzabschaltung vorgesehen. Solche behördliche Massnahmen aufgrund einer allfälligen Energiemangellage und die massiv steigenden Energiepreise haben auch grosse – wenn nicht sogar existenzielle – Auswirkungen auf den Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmer.

Aufgrund der ausserordentlich hohen Energiepreise müssen einzelne Arbeitgeber die Produktion oder andere Tätigkeiten herunterfahren. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die Thematik der Kurzarbeit rückt in das Zentrum des Gesprächs. Deren Ziel ist es vorübergehende Beschäftigungseinbrüche auszugleichen und die Arbeitsplätze zu erhalten.

Kurzarbeitsentschädigung aufgrund der aktuellen Energiemarktlage?

Werden die generellen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, so haben Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung durch die Arbeitslosenversicherung (Art. 31 Abs. 1 AVIG). Dies kann auch der Fall sein, wenn die Betriebsauslastung aufgrund der massiv steigenden Energiepreise reduziert werden muss oder behördliche Massnahmen aufgrund allfälliger Stromknappheit beschlossen werden. Ziel ist es etwaige Entlassungen aufgrund beschlossener behördlicher Massnahmen oder wirtschaftlicher Gründe zu vermeiden.

Ob der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Hierbei hat das betroffene Unternehmen detaillierte Angaben im Rahmen der Voranmeldung zu liefern, welche danach vom kantonalen Amt geprüft werden. Die nachfolgenden Ausführungen sollen Ihnen einen kurzen Überblick geben, ob eine Kurzarbeitsentschädigung auch für Sie in Frage kommen könnte.

Welche Umstände rechtfertigen eine allfällige Kurzarbeitsentschädigung?

Die Tatsache allein, dass die Energiepreise gestiegen sind, reicht für den Leistungsanspruch auf Kurzarbeitsentschädigung noch nicht. Denn auch Arbeitsausfälle, welche vor dem Hintergrund der Energiepreissteigerung entstehen, müssen zuerst im Einzelfall überprüft werden. Hierbei wird insbesondere kontrolliert, ob diese vermeidbar gewesen wären oder allenfalls als normales Betriebsrisiko einzuschätzen sind.

Für die Beurteilung der Ausserordentlichkeit eines Arbeitsausfalles und der Unvermeidbarkeit sind unter anderem nachfolgende Punkte massgebend: (1) die Energiepreissteigerung, (2) der Energieverbrauch des Betriebes, (3) die Möglichkeit der Weitergabe von anfallenden Mehrkosten aufgrund der gestiegenen Energiekosten an den Kunden und (4) die vertragliche Situation von Unternehmen, welche den Strom bzw. die Energie auf dem freien Markt beziehen. Hierbei sind die letzten drei Punkte nicht isoliert zu betrachten, sondern müssen im gesamten Kontext des Unternehmens analysiert werden.

Betriebe, welche in energieintensiven Branchen und insbesondere im freien Strommarkt tätig sind, sind grundsätzlich deutlich stärker von der gestiegenen Energiepreise betroffen als andere Unternehmen. Abhängig von den zuvor festgelegten Vertragsbeziehungen können die Energiekosten allerdings auch bei Unternehmen im freien Markt variieren. Freiwillig vorgenommene Produktionsreduktionen oder solche aus Rentabilitätsgründen lösen grundsätzlich keinen Leistungsanspruch auf Kurzarbeitsentschädigung aus. Führt die Abwälzung der Mehrkosten an den Kunden allerdings zu einer Reduktion des Bestellvolumens, kann grundsätzlich nicht von einer freiwilligen Reduktion ausgegangen werden.

Abschliessend ist somit festzuhalten, dass bei der Voranmeldung für Kurzarbeitsentschädigung detailliert aufzuzeigen ist, inwiefern die erhöhten Energiepreise einen Arbeitsausfall herbeiführen, welcher nicht vermieden werden konnte oder eine Produktionsreduktion verlangen. Sollte der Bundesrat behördliche Massnahmen (z.B. ein Kontigent) aufgrund der allfälligen Energiemangellage anordnen, so ist ein möglicher Anspruch auf Kurzarbeitszeitenschädigung ebenfalls darauf basierend zu prüfen.

Gerne unterstützen Sie unsere Arbeitsrechtsexperten bei Fragen zu diesem und weiteren arbeitsrechtlichen Themen.