06. Juli 2021

Auswirkungen der neuen Anti-Sanktionsgesetzgebung Chinas auf Schweizer Unternehmen

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Am 9. Januar 2021 setzte das chinesische Handelsministerium eine neue Verordnung zur Bekämpfung ungerechtfertigter ausländischer Gesetze in Kraft, um ausländische Sanktionen und Massnahmen verbieten zu können.

Am 9. Januar 2021 setzte das chinesische Handelsministerium eine neue Verordnung zur Bekämpfung ungerechtfertigter ausländischer Gesetze («Blocking Rules») in Kraft. Die Verordnung zielt darauf ab, ausländische Sanktionen und Massnahmen verbieten zu können. Am 10. Juni 2021 doppelte China nach und führte als Reaktion auf amerikanische Massnahmen ein Anti-Sanktionsgesetz ein, womit die kommunistische Führung in Peking künftig gegen ausländische Personen und Organisationen selbst Sanktionen erlassen kann. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick, wie sich die neue chinesische Gesetzgebung bezüglich ausländischer Sanktionsmassnahmen auf Schweizer Unternehmen auswirken könnte.

I.  «Blocking Statute» vom 9. Januar 2021

Die neuen Blocking Rules zeitigen potenziell unvorhersehbare Konsequenzen für Schweizer Unternehmen:

Gemäss Artikel 2 der Blocking Rules werden diese Anwendung finden, «[...] wenn die extraterritoriale Anwendung ausländischer Gesetze und anderer Massnahmen unter Verletzung des Völkerrechts und der Grundprinzipien der internationalen Beziehungen den Bürgern, juristischen Personen oder anderen Organisationen Chinas die Ausübung normaler Wirtschafts-, Handels- und damit zusammenhängender Tätigkeiten mit einem Drittstaat oder dessen Bürgern, juristischen Personen oder anderen Organisationen ungerechtfertigt verbietet oder einschränkt.»

Gemäss Artikel 7 kann das chinesische Department of Commerce anordnen, dass es verboten sei, bestimmte ausländischen ungerechtfertigten Sanktionen und Massnahmen zu befolgen.

Werden solche Verbote erlassen und besteht keine Ausnahmebewilligung (Artikel 8) so werden westliche Unternehmen, die z.B. bestehende Geschäftsbeziehungen auf Grund von westlichen Sanktionen und Massnahmen abbrechen, gegenüber den betroffenen chinesischen Unternehmen schadenersatzpflichtig, wobei für entsprechende Forderungen ein Gerichtsstand in China besteht (Artikel 9).

Bis heute hat das chinesische Department of Commerce auf der Basis dieses Gesetzes noch keine konkreten Verbote erlassen. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass es zur Aussprache von Verboten im Zusammenhang mit den US Sanktionen gegen verschiedene staatsnahe Unternehmen und/oder in Bezug auf die Xinjiang Region kommen könnte. Bis dahin hat das Gesetz insofern bereits eine Auswirkung, als chinesische Personen und Unternehmen verpflichtet sind, Repressionen auf Grundlage von ausländischen Sanktionen und Massnahmen dem chinesischen Department of Commerce innert 30 Tagen zu melden (Artikel 5). Die chinesische Verwaltung sammelt also Informationen, um mögliche zukünftige Verbote zu begründen.

II.  Anti-Sanktionsgesetz vom 10. Juni 2021

Das neue Anti-Sanktionsgesetz soll dazu dienen, die nationale Souveränität, die Sicherheit und die Entwicklungsinteressen Chinas zu bewahren und die rechtmässigen Rechte und die betroffenen Interessen der chinesischen Bürger und Organisationen zu schützen.

Gemäss Artikel 4 des Gesetzes können die zuständigen Abteilungen des chinesischen Staatsrats neu beschliessen, Personen oder Organisationen, die direkt oder indirekt an der Ausarbeitung, Beschlussfassung oder Durchführung ausländischer, diskriminierender restriktiver Massnahmen beteiligt sind, in eine Liste für Gegenmassnahmen aufzunehmen.

Zusätzlich zu den Personen und Organisationen, die in dieser Liste aufgeführt sind, können gemäss Artikel 5 die zuständigen Abteilungen des Staatsrats auch beschliessen, direkte Gegenmassnahmen gegen die folgenden Personen und Organisationen anzuwenden:

1) Ehegatten und unmittelbare Verwandte von Personen, die auf der Liste sind;

2) Leitende Angestellte oder tatsächliche Kontrolleure von Organisationen, die in der Liste aufgeführt sind;

3) Organisationen, in denen in der Liste aufgeführte Personen als leitende Angestellte tätig sind; sowie

4) Organisationen, in denen Personen, die in der Liste aufgeführt sind, die eigentlichen Kontrolle innehaben, oder am Aufbau und Betrieb beteiligt sind.

Die möglichen Massnahmen gegen solche Personen oder Organisationen reichen von Reiseverboten über die Beschlagnahme von Vermögenswerten bis hin zum Verbot, mit diesen Personen oder Organisationen in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten bzw. Transaktionen durchzuführen (Artikel 6).

Hervorzuheben ist auch Artikel 12. Dieser besagt, dass Personen oder Organisationen diskriminierende restriktive Massnahmen, die von ausländischen Nationen gegen Bürger oder Organisationen der chinesischen Nation eingesetzt werden, nicht umsetzen oder Dritte bei der Umsetzung nicht unterstützen dürfen. Dies ist letztlich ein Verbot, sich an ausländische Sanktionen und Massnahmen gegen China zu halten. Das Verbot betrifft sowohl chinesische als auch ausländische Personen und Organisationen.

Sollten Personen und Organisationen sich nicht an ein solches Verbot halten, so können chinesischen Bürger und Organisationen vor den Volksgerichten einen Rechtsstreit einleiten und verlangen, dass die betroffenen Personen und Unternehmen sich an das Verbot halten bzw. die Verletzung des chinesischen Rechts beenden, sowie Schadenersatz fordern.

Artikel 15 räumt schliesslich die Möglichkeit ein, Massnahmen gegen ausländische Staaten, Organisationen oder Personen einzuleiten.

III.  Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen

Sollte das chinesische Department of Commerce ausländische Sanktionen und Massnahmen im Sinne von Art. 7 des Blocking Statutes für unrechtmässig erklären, wären Schweizer Personen und Organisationen gezwungen, sich im Sinne eines «Incompliance Managements» zu organisieren. D.h. Personen und Organisationen stehen dann vor der Wahl, entweder z.B. US-Sanktionen zu respektieren und damit gegen Chinesische Gesetze zu verstossen oder gegen die betroffenen US-Sanktionen und Massnahmen zu verstossen und aus den USA Repressionen zu riskieren.

Nicht klar ist, ob jede ausländische Sanktion oder Massnahme vom allgemeinen Verbot nach Art. 12 des Anti-Sanktionsgesetzes betroffen ist, oder ob dies ausschliesslich Sanktionen und Verbote betrifft, die im Sinne von Art. 7 des Blocking Statutes ausdrücklich verboten wurden, und ob in Anwendung dieses Gesetztes das chinesische Department of Commerce, oder die zuständigen Abteilungen des chinesischen Staatsrats entsprechende ausländische Sanktionen und Massnahmen für unrechtmässig erklären können. Gegebenenfalls wären die Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen jedoch ähnlich wie unter dem Blocking Statute.

In jedem Fall ist davon auszugehen, dass Schweizer Unternehmen mit engen Geschäftsbeziehungen sowohl zu China als auch zu den USA von den Regeln in naher Zukunft betroffen sein werden. Diese Unternehmen sollten damit beginnen, die potenziellen Auswirkungen der neuen Bestimmungen auf ihr Geschäft abzuschätzen.

Ein möglicher Ansatz, um potentielle zukünftige sanktionsbedingte Lieferkettenstörungen zu mitigieren, wäre die Aufteilung der Produktionsketten («US-Free» Produktion und «China-Free» Produktion). Eine Risikoabschätzung des Geschäftsaufbaus und der Lieferketten – sowie die Überprüfung von Vertragsbestimmungen wie Exportkontroll- und Compliance-Klauseln – werden dringend empfohlen, um mögliche Risiken und negative Konsequenzen zu vermeiden.

Die MME Compliance AG unterstützt Unternehmen bei sämtlichen Angelegenheiten und Fragen rund um die neue Anti-Sanktionsgesetzgebung Chinas, insbesondere bei der Überprüfung von potenziellen Massnahmen sowie Vertragsbestimmungen wie Exportkontroll- und Compliance-Klauseln.