In Zusammenhang mit der Umsetzung des indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» wird der Verwaltungsrat in die Pflicht genommen werden. Entscheidend und nicht ganz eindeutig ist jedoch, welche Unternehmen, und als Folge dessen, Verwaltungsräte welcher Unternehmen, von künftigen zivil-rechtlichen Pflichten betroffen sein werden.
Der vorliegende Beitrag behandelt die Vorlage der Redaktionskommission für die Schlussabstimmung Obligationenrecht (sog. «Indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt») (Änderung vom 19. Juni 2020).
Die Eidgenössische Volksinitiative Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt, kurz oft «Konzernverantwortungsinitiative oder KVI» genannt, wurde abgelehnt, damit kommt der indirekte Gegenvorschlag der Bundesversammlung zum Zug.
Als nächster Schritt wird der Beschluss im Bundesblatt publiziert und die 100-tägige Frist für das fakultative Referendum beginnt zu laufen. Ist diese Frist abgelaufen, erlässt der Bundesrat Ausführungsvorschriften und bestimmt das Inkrafttreten. Ausführlicher hierzu bereits in diesem Magazin-Beitrag.
Die Ausführungsbestimmungen werden zurzeit erarbeitet und nach der Einschätzung des Bundesamtes für Justiz kann das Gesetz voraussichtlich bereits bis Ende 2021 in Kraft treten.
Wie in einem früheren Beitrag erwähnt, wird der Verwaltungsrat in die Pflicht genommen. Entscheidend und nicht ganz eindeutig ist jedoch, welche Unternehmen, und als Folge dessen, Verwaltungsräte welcher Unternehmen, von künftigen zivilrechtlichen Pflichten betroffen sein werden.
Als Grundsatz geht aus Art. 964bis OR hervor, dass Unternehmen, welche die nachfolgenden Kriterien erfüllen, jährlich einen Bericht über nichtfinanzielle Belange erstatten müssen:
Gestützt darauf könnte der Eindruck entstehen, dass dies eine überschaubare Anzahl Unternehmen treffen wird. Dieser Schein trügt hingegen. Nachfolgend wird etwas detaillierter aufgezeigt, dass der Grundsatz mehr Unternehmen umfasst, als man erwarten könnte.
Als Gesellschaften des öffentlichen Interesses im Sinne von Art. 2 Bst. c des RAG gelten einerseits Publikumsgesellschaften im Sinne von Art. 727 Abs. 1 Ziff. 1 OR sowie Beaufsichtigte im Sinne von Art. 3 Finanzmarktaufsichtsgesetz (nachfolgend «FINMAG»), die eine nach Art. 9a RAG zugelassene Prüfgesellschaft mit einer Prüfung nach Art. 24 FINMAG beauftragen müssen.
Dieses Kriterium erfüllen Gesellschaften, die
Als Beaufsichtigte im Sinne von Art. 3 FINMAG gelten grundsätzlich alle Personen, die nach den Finanzmarktgesetzen eine Bewilligung, eine Anerkennung, eine Zulassung oder eine Registrierung der Finanzmarktaufsichtsbehörde benötigen. Im Einzelnen sind das etwa Institute die den Bundesgesetzen BankG, VAG, FIDLEG, FINIG, KAG, FinfraG unterstehen sowie solche, die sich den Selbstregulierungsorganisationen anschliessen müssen.
Das «Anzahl-Mitarbeiter»-Kriterium erfüllen Unternehmen, die zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländischen Unternehmen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens 500 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt haben.
Das «Finanzielle Grösse»-Kriterium erfüllen Unternehmen, die zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländischen Unternehmen, mindestens eine der nachstehenden Grössen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschreiten:
Die Plattform «www.ESGriskMonitor.com» von Eurospider, die im Bereich «Information Retrieval-Systeme» tätig ist, stellt interessierten Unternehmen für eine erste Risikoevaluation kostenlos einen ESG Risk Bot zur Verfügung. Mit diesem ESG Risk Bot kann ein Unternehmen digital mit wenigen Mausklicks prüfen, ob es sämtliche obgenannten Voraussetzungen erfüllt und somit einen Bericht über nichtfinanzielle Belange erstatten muss oder ob gegebenenfalls weitere Abklärungen notwendig sind.
Aufgrund der weitreichenden Folgen bei Unterlassung der Berichterstattung (Busse von bis zu CHF 100‘000) empfehlen wir sämtlichen Unternehmen eine erste Risikoevaluation vorzunehmen und zu prüfen, ob die obgenannten Kriterien für Ihr spezifisches Unternehmen erfüllt sind.
Zur Unterstützung dieser Abklärungen kann einerseits auf den oben genannten, digitalen ESG Risk Bot von Eurospider und auf der anderen Seite auf das ESG-Team seitens MME verwiesen werden.
Unser ESG-Team steht Ihnen bei Abklärungen jeglicher Art im Hinblick auf das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» gerne zur Verfügung.
März 2021 | Autoren: Dr. Tamara Teves, Stephan F. Greber