01. Oktober 2020

Mediation und Ombudsstelle unter FIDLEG

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Das FIDLEG sieht vor, dass Kunden für sämtliche Streitigkeiten über Rechtsansprüche zwischen Kunden und Finanzdienstleister ein Vermittlungsverfahren bei einer staatlich anerkannten Ombudsstelle in Anspruch nehmen können. Zu diesem Zweck müssen sich die Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschliessen.

Ausgangslage

Das Finanzdienstleistungsgesetz («FIDLEG») ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Das FIDLEG sieht vor, dass Kunden für sämtliche Streitigkeiten über Rechtsansprüche zwischen Kunden und Finanzdienstleister ein Vermittlungsverfahren bei einer staatlich anerkannten Ombudsstelle in Anspruch nehmen können. Zu diesem Zweck müssen sich die Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschliessen. Ziel des Vermittlungsverfahrens ist es, die aussergerichtliche Streitbeilegung zu fördern und dadurch langwierige Prozesse zu vermeiden. Dies soll auch zu einer Verminderung der Prozesskostenrisiken führen.

Die Grundsätze des Vermittlungsverfahrens

Das Vermittlungsverfahren bei der Ombudsstelle wird durch ein Vermittlungsgesuch eingeleitet. Ein solches ist unter den folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Das Gesuch muss nach den Vorgaben des Verfahrensreglements der Ombudsstelle oder auf dem von der Ombudsstelle zur Verfügung gestellten Formular eingereicht werden.
  • Der Kunde muss glaubhaft machen, dass er den Finanzdienstleister zuvor versucht hat über seinen Standpunkt zu informieren und versucht hat, sich zu einigen.
  • Das Gesuch darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein.
  • In der gleichen Sache darf nicht bereits ein Vermittlungsverfahren durchgeführt worden sein.
  • Es darf sich weder eine Schlichtungsbehörde, ein Gericht, ein Schiedsgericht oder eine Verwaltungsbehörde mit der Sache befasst haben oder gegenwärtig damit befassen.

Das Vermittlungsverfahren muss unbürokratisch, fair, rasch und unparteiisch sein. Für die Kunden muss es zudem kostengünstig oder kostenlos sein. Zudem sind sämtliche gemachte Aussagen der Parteien vertraulich und dürfen in einem anderen Verfahren nicht verwendet werden. Die Gegenpartei hat keinen Anspruch darauf, in die Korrespondenz der anderen Partei mit der Ombudsstelle Einsicht zu erhalten. Das Verfahren wird in der Amtssprache durchgeführt, die der Kunde wählt (vgl. Art. 75 FIDLEG).

Die Ombudsstellen haben keine Entscheidkompetenz. Sie können jedoch, falls keine Einigung erzielt werden kann oder eine solche aussichtlos erscheint, eine eigene tatsächliche und rechtliche Einschätzung abgeben (Art. 75 Abs. 8 FIDLEG). Eine solche Einschätzung dient als Vorschlag für die Streitbeilegung und hat keine rechtlich verbindliche Wirkung. Ein Vermittlungsverfahren nach Art. 74 ff. FIDLEG schliesst auch eine Zivilklage nicht aus. Nach der Durchführung des Verfahrens vor einer Ombudsstelle kann die klagende Partei allerdings einseitig auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens gem. Zivilprozessordnung verzichten (Art. 76 Abs. 2 FIDLEG). Das Vermittlungsverfahren wird durch die Ombudsstelle beendet, sobald eine Schlichtungsbehörde, ein Gericht, ein Schiedsgericht oder eine Verwaltungsbehörde mit der Sache befasst ist.

Pflichten der Finanzdienstleister

  • Anschlusspflicht (Art. 77 FIDLEG): Finanzdienstleister, welche Finanzdienstleistungen gegenüber Privatkundinnen und -kunden erbringen, haben eine Anschlusspflicht. Für Finanzdienstleister, welche ihre Dienstleistung ausschliesslich gegenüber institutionellen und professionellen Kunden erbringen sowie für Finanzinstitute, die überhaupt keine Finanzdienstleistungen erbringen, entfällt diese Pflicht. Der Anschluss an eine Ombudsstelle muss spätestens mit Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Bereits tätige Finanzdienstleister müssen sich bis spätestens 31. Januar 2021 einer Ombudsstelle anschliessen.
  • Teilnahmepflicht (Art. 78 FIDLEG): Finanzdienstleister sind verpflichtet, am Vermittlungsverfahren teilzunehmen. Sie müssen Vorladungen, Aufforderungen zur Stellungnahme sowie Auskunftsanfragen der Ombudsstelle fristgerecht nachkommen. Das Vermittlungsverfahren nach Art. 74 ff. FIDLEG unterscheidet sich durch die Teilnahmepflicht des Finanzdienstleister von der klassischen Mediation, welche auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit beruht und daher für beide Parteien freiwillig ist.
  • Informationspflicht (Art. 79 FIDLEG): Die Finanzdienstleister müssen ihre Kunden zudem über die Möglichkeit des Vermittlungsverfahrens informieren. Diese Pflicht besteht bei der Eingehung einer Geschäftsbeziehung, bei der Zurückweisung von Kunden geltend gemachten Rechtsansprüchen sowie auf Anfrage.
  • Finanzielle Beteiligungspflicht (Art. 80 FIDLEG): Die Finanzdienstleister müssen finanzielle Beiträge an die Ombudsstelle entrichten. Die Kosten werden dabei verursachergerecht verrechnet.


Anerkannte Ombudsstellen

Gem. Art. 84 FIDLEG bedürfen die Ombudsstellen der Anerkennung durch das Eidgenössische Finanzdepartement. Bereits anerkannt wurden die folgenden Ombudsstellen:

Aus MME Sicht empfehlen wir als Ombudsstelle die OFS Ombud Finanzen Schweiz, in welcher einer unserer Legal Partner, Dr. Balz Hösly, Mediator SAV, als Mediator tätig ist.

Für eine erfolgreiche Streitschlichtung ist die persönliche Präsenz der an der Auseinandersetzung beteiligten Parteien regelmässig ein Vorteil. Dennoch ist davon auszugehen, dass die neu formierten Ombudsstellen auch bestrebt sein werden, Prozesse und Verfahren auch für Finanzdienstleister im FinTech-Bereich zur Verfügung zu stellen, bei denen die Streitbeilegung weitgehend per Videocalls und digital abläuft. Dies kann für «typische» Kunden von FinTech-Unternehmen («User»), die ihren Wohnsitz oft im Ausland haben und viel unterwegs sind, eine hohe «Convenience» darstellen.