13. Januar 2021

Crowdfunding, ICOs und steuerliche Aspekte

  • Artikel
  • Compliance
  • Tax
  • Blockchain / Digital Assets
  • Erbschaft / Nachfolge
  • Handel / Logistik
  • Transaktionen / M&A

Der steuerliche Aspekt von Crowdfunding-Aktivitäten bereitet vielen Betroffenen Sorgen, da die Rechtsfolgen des Crowdfunding nicht immer klar ersichtlich sind.

Unter Crowdfunding versteht man die Finanzierung von Projekten durch zahlreiche Geldgebende. Dabei werden Vorhaben, die von Geldnehmenden auf einer Crowdfunding-Plattform aufgeschaltet werden, durch viele Einzelne finanziert. Die Plattform ist dann für den Betrieb der Website, die Aufschaltung der Projekte sowie die Koordination und Zusammenführung der Geldgebenden und Geldnehmenden zuständig. Dank dem technologischen Fortschritt ist es aber durch dezentrale Technologien wie z.B. Blockchain auch möglich, dass sich ein bestimmtes Vorhaben und Geldgeber direkt, ohne einen Intermediär zusammenschliessen und weltweit, auf sicherer Grundlage Transaktionen vornehmen können.

1. Formen des Crowdfunding

Der steuerliche Aspekt bereitet vielen Betroffenen Sorgen, da die Rechtsfolgen des Crowdfunding nicht immer klar ersichtlich sind. Die Herausforderung beim Crowdfunding liegt darin, dass es verschiedene Formen mit diversen Steuerfolgen gibt. Das ganze Thema verkompliziert sich, da unterschiedliche Kombinationen vorkommen können.

1.1 Crowdinvesting

Crowdinvesting ist eine Form von Crowdfunding, bei dem Investoren Geld in ein Unternehmen investieren. Als Gegenleistung können sie Firmenanteile oder eine Gewinnbeteiligung (d.h. Aktien, Stammanteile, Genuss- oder Partizipationsscheine) erhalten. Es sind auch Mischformen von Eigen- und Fremdkapital (z.B. Darlehen mit gewinnabhängigen Vergütungen) möglich.

Beim Crowdinvesting sind vor allem folgende Steuerarten zu beachten:

  • Die Emissionsabgabe in Höhe von einem Prozent wird auf inländischen Beteiligungsrechten erhoben, sofern der Verkehrswert der Einlagen CHF 1 Million übersteigt.  
  • Ausgeschüttete Dividenden unterliegen zudem der Verrechnungssteuer in Höhe von 35 %, welche, falls bestimmte Voraussetzungen vorhanden sind, zurückerstattet werden können.
  • Ist der Investor eine Privatperson, unterliegen die Kapitalanteile der Vermögenssteuer zum jeweiligen Verkehrswert. Fehlt ein Kurswert, so ist eine Bewertung nach Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz vorzunehmen: für das Gründungsjahr und die Zeit der Aufbauphase erfolgt die Bewertung in der Regel nach dem Substanzwert, danach unter Einbezug von Substanz- und Ertragswert. Hat jedoch eine massgebliche Handänderung unter unabhängigen Dritten stattgefunden, dann gilt der entsprechende Kaufpreis als Verkehrswert.
  • Werden die ausgegebenen Anteile über einen Effektenhändler verkauft, fällt für inländische Urkunden die Umsatzabgabe von 0.15 Prozent an. Privatpersonen realisieren einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn oder -verlust (Ausnahmen: indirekte Teilliquidation, Transponierung, gewerbsmässige Wertschriftenhändler). In den übrigen Fällen liegt ein steuerbarer Ertrag (oder Verlust) beim Investor vor (wobei Kapitalgesellschaften unter Umständen den Beteiligungsabzug geltend machen können).

Sofern Mischformen von Eigen- und Fremdkapital vorliegen, sind zusätzlich die Regeln zum Crowdlending anzuwenden.

1.2 Crowdlending

Unter Crowdlending (oder Peer-to-Peer-Lending) versteht man die Finanzierung von Unternehmen oder von privaten Personen durch Kredite, also durch Fremdenkapital. Gegenleistung an die Darlehensgeber ist die risikoabhängige Zinszahlung.

Es ist zusätzlich zu beachten, dass übermässige, nicht marktgerechte Zinszahlungen an Beteiligte nicht abzugsfähig sind und der Verrechnungssteuer von 35% unterliegen (= steuerliche Umqualifikation als Dividende, z.B. bei partiarischen Darlehen mit gewinnabhängigen Zinsen). Übermässige Fremdfinanzierung einer Gesellschaft durch Beteiligte kann zudem zu einer Umqualifikation von Fremd- in Eigenkapital führen.

Weiter wird die Verrechnungssteuer auch auf Obligationszinsen erhoben. Dies gilt bei mehr als 10 Kreditgebern zu gleichen Bedingungen oder bei mehr als 20 Kreditgebern zu verschiedenen Bedingungen. Je nach Darlehensgeber ist die Verrechnungssteuer ganz oder teilweise rückerstattungsfähig.

1.3 Crowddonating

Crowddonating ist eine Variante von Crowdfunding, bei der die Unterstützer Geld für ein Projekt offeriert, und dafür keine Gegenleistung erwarten. Crowddonating ist die älteste Art von Gruppenfinanzierung. Beispielsweise wurden schon im 6. Jahrhundert grosse Kirchenbauten mittels Spenden finanziert.

In der Schweiz können natürliche Personen als Geldgeber Spenden und Schenkungen, jedoch nur dann steuerlich abziehen, sofern die Begünstigte eine steuerbefreite juristische Person (d.h. mit gemeinnützigem Zweck) mit Sitz in der Schweiz ist. Weiter müssen die Zuwendungen CHF 100 übersteigen und diese müssen gemäss Art. 33a DBG weniger als 20 Prozent des steuerbaren Einkommens ausmachen. Auch für juristische Personen gelten vergleichbare Bestimmungen.

Beim Empfänger können Spenden und Schenkungen je nach Situation und Beteiligungsverhältnissen entweder der Schenkungssteuer, der Einkommens- bzw. der Gewinnsteuer oder einer Kombination dieser Steuern unterliegen – oder aber steuerfrei sein. Zu beachten sind verschiedene kantonale Regelungen.

Spenden sind dagegen für die Mehrwertsteuer grundsätzlich unbeachtlich. Eine Erwähnung des Spenders zum Beispiel in einem Programmheft oder auf einem CD-Booklet in neutraler Form ist dabei zulässig (inkl. Logo). Wird jedoch eine weitergehende Werbedienstleistung erbracht (zum Beispiel in Form einer Anzeige; sog. Sponsoring), qualifiziert die Zahlung nicht mehr als Spende, sondern als steuerbares Crowdsupporting.

1.4 Crowdsupporting

Beim Crowdsupporting, auch "reward-based crowdfunding" genannt, erhalten die Unterstützer für ihre Zahlung oft eine (einmalige) Gegenleistung in Form von Sachleistungen, wie ein Produkt oder Merchandise. Der Verkauf untersteht dabei der Mehrwertsteuer je nach Gegenleistung zu einem unterschiedlichen Satz (2.5%, 3.8% oder 7.7%).

Unklarheiten entstehen dann, wenn ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Oft erhält der Supporter für seine Zahlung keine eigentliche Gegenleistung, aber zum Beispiel als Dankeschön ein Geschenk (z.B. T-Shirt). Dabei sind die folgenden Gedanken massgebend:

  • Zahlungen, welche nicht in Erwartung des Geschenkes getätigt werden, qualifizieren wohl eher als Spenden mit den entsprechenden Steuerfolgen des Crowddonating (siehe Kapitel Crowddonating). Das setzt voraus, dass die Spende auch ohne das Geschenk ausgerichtet worden wäre. Das Geschenk ist dann wie eine zweite Spende zurück an den Supporter zu qualifizieren.
  • Dies gilt auch für die Mehrwertsteuer: Wenn als Gegenleistung kleine Werbegeschenke mit einem Warenwert von bis zu CHF 5`000 ausgerichtet werden, qualifizieren diese als unbeachtliche Spenden, sofern die Zahlungen nicht in Erwartung dieser Gegenleistung getätigt wurden.

2. Inital Coin Offering (ICO)

Die konkrete Ausgestaltung eines ICOs und der auf diese Weise geschaffenen Token unterscheiden sich in technischer, funktionaler und rechtlicher Hinsicht substantiell. Im Zentrum steht jedoch meist die Kapitalbeschaffung für das Projekt, für welche der Kapitalbeschaffer als Gegenleistung einen Strauss von vertraglichen oder faktischen Verpflichtungen eingeht, die mit der Token-Funktion zusammenhängen können, oft aber auch unabhängig davon existieren. Die steuerliche Beurteilung eines ICOs hängt daher stark von der individuellen Ausgestaltung ab. Die jeweiligen steuerlichen Folgen sind im Einzelfall zu prüfen und können nur schwer allgemeingültig dargestellt werden.

Als Grundsatz sollten jedoch u.E. dieselben steuerlichen Regeln zur Anwendung gelangen, die generell beim Crowdfunding Anwendung finden und von vier Grundarten ausgehen: (1) Eigenkapital / Kapitaleinlage; (2) Fremdkapital / Rückzahlung; (3) Gegenleistung / Vorauszahlung; oder (4) Zuwendung / Spende. Empfehlenswert wäre hier zudem eine Anknüpfung an die buchhalterische Erfassung von ICOs gemäss der Q&A der Kommission für Rechnungslegung von ExpertSuisse.

 

3. Fazit

Sowohl die Geldgeber wie auch die Empfänger müssen sich aber über die finanziellen Folgen einer Transaktion wie auch ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten im Klaren sein. Die Schwierigkeit beim Crowdfunding und ICOs ist dabei, dass je nach Form ganz unterschiedliche Steuerfolgen zu beachten sind. Zudem sind unzählige Kombinationen (z.B. partiarische Darlehen mit gewinnabhängigen Zinsen, Wandelung von Fremdkapital in Eigenkapital, gemischte Schenkungen etc.) oder grenzüberschreitende Sachverhalte möglich, was die Sachlage weiter kompliziert.

Für grössere und komplexere Crowdfunding-Projekte empfiehlt sich eine Einzelfallanalyse, damit die genauen Umstände und Besonderheiten einbezogen werden können. Zudem kann der Fall mit den Steuerbehörden vorbesprochen werden, damit später keine unliebsamen Überraschungen auftauchen, welche das Überleben eines Projektes ernsthaft gefährden können.